"Unser Weg in Ahaus war richtig"

■ Hubert Wimber, grüner Polizeipräsident in Münster, zum Polizeieinsatz beim Castor-Transport nach Ahaus: Demonstrationsverbote und die Vorverlegung des Termins haben Konflikte verringert

taz: Herr Wimber, die Bürgerinitiativen in Ahaus fühlen sich vom nordrhein-westfälischen Innenminister durch den Termintrick belogen und hintergangen. Sie auch?

Hubert Wimber:Nein. Die Terminvorverlegung diente dem Ziel, die Gefahr für die öffentliche Sicherheit möglichst gering zu halten. Unter dem Strich ist das erreicht worden.

Sie haben im Vorfeld des Transports zahlreiche Gespräche mit der Bürgerinitiative in Ahaus geführt, um Vertrauen aufzubauen. Das entpuppt sich jetzt als fauler Zauber. Warum sollte in Zukunft noch jemand mit Ihnen reden?

Das war kein fauler Zauber. Man kann doch aus dem Umstand, daß man versucht, mit den Vertretern vor Ort Gespräche über die Konfliktminimierung zu führen, keinen Anspruch auf Offenlegung des Transporttermins ableiten. Am Freitag hat sich ja gezeigt, daß der Einfluß der Ahausener Bürgerinitiative auf die tatsächlichen Aktionen der Demonstranten – etwa bei der Schienenunterhöhlung – äußerst gering war. Die Polizei hat eine solche Entwicklung in den Wochen zuvor prognostiziert. Es gab eindeutige Erkenntnisse, daß sich da etwas zusammenbraute, was am angekündigten Transporttag vielleicht doch zu Gorlebener Verhältnissen geführt hätte. Ich glaube deshalb, daß unser Demonstrationsverbot entlang der Gleise und die Vorverlegung genau der richtige Weg war, um die Konflikte zu minimieren.

Einige behaupten, diese Demonstrationsverbote seien Ihnen von Düsseldorf aufgedrückt worden. Hatten Sie eine mildere Verbotsverfügung im Kopf?

Das ist so nicht richtig. Die Auflagen sind in einem intensiven Gesprächsprozeß einvernehmlich entwickelt worden. In allen Eilverfahren wurden die verfügten Einschränkungen bisher von den Gerichten bestätigt und als verhältnismäßig beurteilt. Den behaupteten Keil zwischen dem Innenministerium und der einsatzführenden Polizeibehörde in Münster gibt es nicht. Ich hatte im Vorfeld eine andere Vorstellung bezüglich der Freigabe der sogenannten BI- Wiese, die direkt am Zwischenlager liegt. Das war der einzige Dissenspunkt, der übriggeblieben ist.

Der Fraktionschef der nordrhein-westfälischen Grünen, Roland Appel, hat gesagt, daß durch die Camp-Verbote die Aktionen der AKW-Gegner „völlig unkoordiniert und damit auch unberechenbar“ geworden seien. Liegt Appel damit richtig?

Nein, das ist eine grundlegend falsche Beurteilung. Es hat diese Aktionen gegeben, weil es keine Struktur bei den Castor-Gegnern gibt, die Berechenbarkeit garantiert. Im übrigen haben wir nicht alle Camps verboten, sondern ein Großteil der Camps war bei uns nie angemeldet, obwohl wir das immer wieder gefordert hatten.

Bürgerinitiativen sprechen von einem äußerst brutalen Polizeieinsatz. Sie selbst äußern sich zufrieden. Waren sie auf unterschiedlichen Veranstaltungen?

Ganz offenkundig. Ich habe schon in anderen Zusammenhängen den Realitätsverlust einiger führender Vertreter der Bürgerinitiativen beklagt. Ich bin nicht zufrieden mit dem Polizeieinsatz, weil ich denke, daß die Polizei auch bei diesem Einsatz als Prügelknabe für das durch die Politik nicht gelöste Problem der Zwischenlagerung benutzt wird. Ich wünsche mir andere Bilder von der Polizei als die von Ahaus. Dort sah es zweifelsohne wie in einer besetzten Stadt aus. Nur, diese Situation läßt sich nicht vermeiden, solange das Konfliktpotential so ist, wie es ist. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle hat sich die Polizei situationsangemessen verhalten.

Entgegen der polizeilichen Darstellung wurde CS-Gas eingesetzt. Ist das angemessen?

Ich bin weiterhin davon überzeugt, daß es diese Einsätze nicht gegeben hat. Die CS-Gas-Freigabe stand unter dem Vorbehalt des Polizeiführers. Der Einsatz wurde weder beantragt noch durch den Polizeiführer angeordnet.

Es gibt zahlreiche Augenzeugen für den Gaseinsatz.

Jedes Einzelvorkommnis läßt sich jetzt noch nicht abschließend bewerten. Dazu bedarf es der intensiven Einsatznachbereitung. Sicher ist jedoch nach meinem gegenwärtigen Erkenntnisstand, daß es einen Gaseinsatz durch die Polizei nicht gegeben hat. Interview: Walter Jakobs