Preissturz zwingt zur Einigkeit

■ Opec will doch Produktion drosseln. Selbst Nicht-Opec-Staaten im Norden überlegen, dem Kartell zu folgen. Trotz des tiefsten Ölpreises seit zehn Jahren bleibt Benzin an Tankstellen teuer

Berlin/London (taz/rtr) – Die erdölproduzierenden Staaten haben die Notbremse gezogen: Um den drastischen Fall des Ölpreises aufzuhalten, vereinbarten Saudi- Arabien, Venezuela und Nicht- Opec-Staat Mexiko am Wochenende in der saudischen Hauptstadt Riad eine Verringerung der täglichen Ölfördermenge. Danach soll die weltweite Ölproduktion ab 1. April zunächst um 1,1 Millionen Barrel (etwa 160 Millionen Liter) pro Tag zurückgefahren werden. Hatte ein Barrel Erdöl (159 Liter) Anfang Oktober noch über 21 Dollar gekostet, erreichte der Barrelpreis in der letzten Woche mit 13 Dollar den tiefsten Stand seit zehn Jahren.

Saudi-Arabien, das ein Drittel des Opec-Öls produziert, will seine tägliche Fördermenge um 300.000 Barrel kappen. Venezuela wird die Produktion um 200.000 Barrel verringern, Mexiko immerhin um 100.000 Barrel. Auch andere Opec-Staaten wie der Iran, Libyen, Kuwait, Algerien und die Vereinigten Arabischen Emirate kündigten eine Drosselung an. Zusammen werden dadurch noch einmal mehr als eine halbe Million Barrel am Tag wegfallen. Oman und Katar wollen in Kürze über ihren Beitrag entscheiden.

Mit dem Beschluß von Riad ist nicht nur Venezuela auf die wiederholte Forderung Saudi-Arabiens eingegangen, seinen überhöhten Ölausstoß herunterzufahren. Zum ersten Mal seit 1986 ziehen hier Opec- und Nicht-Opec- Staaten an einem Strang, als der Barrelpreis unter zehn Dollar gerutscht war. Auch Norwegen, größter Ölproduzent außerhalb der Opec, prüft nach Angaben des Öl- und Energieministers Tore Sanvold gegenwärtig, ob es sich an dem Schritt beteiligen wird.

Lediglich Indonesien und Malaysia erklärten, ihre gegenwärtige Fördermenge beizubehalten. Indonesien habe seine Produktion auf dem Level von 1997 gehalten, begründete der neue Energieminister Kuntoro Mangkusubroto die indonesische Haltung. Er forderte aber, die Opec solle zu ihrer alten Fördermenge von insgesamt 25 Millionen Barrel am Tag zurückkehren. Diese war erst im Dezember angesichts optimistischer Prognosen für den weltweiten Ölmarkt auf 27 Millionen heraufgesetzt worden.

Von dem Preissturz, der die Ölminister weltweit so ins Schwitzen gebracht hat, haben die Verbraucher bisher allerdings wenig gespürt. Gerade für Autofahrer sind keine goldenen Zeiten angebrochen. Bleifreies Normalbenzin kostet derzeit fast 1,53 Mark und ist damit nur vier Pfennig oder knapp zweieinhalb Prozent billiger als vor zehn Monaten. Der Ölpreis ist in derselben Zeit um fast ein Viertel gefallen.

Doch das liege mitnichten daran, daß die Mineralölkonzerne die Differenz einsacken, erläutert Shell-Sprecher Matthias von Glischinski-Kurc. Denn während das Rohöl billiger wird, ist der Kurs des US-Dollars nahezu auf Rekordhöhe, und schließlich müssen die Ölimporte im wesentlichen mit Dollar beglichen werden. Ohnehin trage das Rohöl relativ wenig zum endgültigen Preis des Benzins bei. Über 75 Prozent des Preises bestimmt der Finanzminister – so groß ist der Anteil der Steuern und Abgaben am Preis. nbo/lieb