Nachgefragt in Südafrika
: Nicht nach Bonn

■ Henning Scherf will seinen Erfolg beim Lauschangriff nicht feiern

taz: In Deutschland werden Sie nach dem Kompromiß beim Lauschangriff gefeiert, aber Sie sind einfach nach Südafrika verschwunden. Ist das nicht schade?

Henning Scherf: Nein, das ist eine einmalige Gelegenheit, die der Bundespräsident mir hier eröffnet hat, daß ich zehn Tage mit ihm Namibia und Südafrika bereise. Und ich kann in seinem Gefolge ganz viel auf Bremer Projekte, Bremer Partner nicht nur hinweisen, sondern sie auch aufwerten. Das ist in Namibia wunderbar gelungen. Da hat Herzog praktisch von Tag zu Tag immer mehr die Bremer Aktivitäten entdeckt und sie unterstützt. Und hier gelingt es auch ein Stück. Ich bin ja ein alter Freund von Nelson Mandela, wir kannten uns schon, als er noch nicht Präsident war. Und das nutzt Herzog nun mit. Ich nutze, daß ich im Gefolge des Bundespräsidenten unterwegs bin, und er nutzt, daß ich hier so ein alter ANC-Freund bin. Das paßt sehr gut, die Atmosphäre ist erstaunlich.

Ihre Reise ist also gut für Bremen, aber schlecht für Sie? Eigentlich müßten Sie doch jetzt in Deutschland sein und Ihren Erfolg nutzen.

Nein, ich finde, das war nicht mein persönlicher Erfolg. Das ist eine Sache, die ist im letzten Augenblick gut gegangen. Ich bin heilfroh darüber, daß dieser über den Vermittlungsausschuß erarbeitete Kompromiß nun durchgesetzt worden ist. Daß das für die Regierungskoalition schwierig ist, das verstehe ich, aber ich will da nicht in alten Wunden bohren. Ich bin froh, daß das gelungen ist, auf den allerletzten Metern dieses gründlich mißglückte Projekt noch so zu korrigieren, daß es jedenfalls halbwegs vorzeigbar ist. Es wäre sonst wirklich eine schrille, mißratene Initiative der Innenpolitik gewesen, von der man sich als Rechtspolitiker mit Grausen hätte abwenden müssen.

Sie haben ja hoch gepokert. Waren Sie auch auf den Fall vorbereitet, daß Sie dabei verlieren?

Ja, ich war mir gar nicht sicher, ob das bis zum Ende gut geht. Es gab ja auch unter meinen Freunden wirklich unterschiedliche Meinungen. Es ist ganz kompliziert gewesen. Sehr geholfen hat mir dann der Umweg über den Bundesparteitag der SPD.

Sie haben kurz vor der Abreise nach Südafrika noch im SPD-Parteivorstand Gerhard Schröder, der ja nicht gerade Ihr bester politischer Freund ist, zum Kanzlerkandidaten mitgewählt ...

Ja, das ist stark, was er da in Niedersachsen bei der Wahl geschafft hat. Ich hätte das nicht erwartet. Ich bin selber sehr überrascht.

Haben Sie sich danach bei Schröder schon als neuer Bundesjustizminister vorgestellt?

Nein, nein, nein, nein. Ich möchte in Bremen bleiben. Ich habe ein ganz kompliziertes, schwieriges Amt in Bremen. Wir müssen alle Kräfte in diesem kleinen Zwei-Städte-Staat zusammennehmen, um die Chancen, die wir haben, nun wirklich auch in der Praxis umzusetzen. Nein, nein, ich sitze nicht auf Koffern, ich will nicht nach Bonn.

Das war ein eindeutiges Dementi? Sie werden kein Mitglied der Bundesregierung?

Ich will in Bremen aus dieser großen Koalition das Beste machen. Ich möchte raus aus diesen schlechten Schlagzeilen. Ich möchte, daß die Bundesrepublik glücklich darüber ist, daß es uns Bremer gibt.

Also kein Job in einer Bundesregierung?

Eindeutig nicht. Fragen: Dirk Asendorpf