Mehr Bioprodukte aus Entwicklungsländern

■ Mehr als ein Fünftel aller ausländischen Aussteller auf der Naturwarenmesse Bio Fach werden vom Pro-Trade-Programm des Bundes gefördert. Soziale Aspekte sind dabei aber zweitrangig

Frankfurt/Main (taz) – In der Biobranche ist „Wirtschaftskrise“ ein Fremdwort. Denn dem Naturkosthandel werden Umsatzsteigerungen bis zu zehn Prozent zugetraut. Jetzt will das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verstärkt auch Entwicklungs- und Schwellenländer ins „ökologische Wirtschaftswunder“ integrieren.

Bereits seit 1995 unterstützt das Wirtschaftsförderprogramm Pro Trade der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Eschborn den Export von Bioprodukten. Mit Hilfe von Pro Trade konnten auf der Naturwaren- Messe Bio Fach, die gestern in Frankfurt zu Ende ging, 120 Produzenten aus 24 Ländern ihr Angebot vorstellen.

Zum ersten Mal seit

Gründung der Bio Fach 1990 überstieg die Zahl der ausländischen Aussteller die der einheimischen. 646 Firmen aus aller Welt präsentierten ökologisch produzierte Lebensmittel oder Kleidung, während sich 621 deutsche Anbieter beteiligten. Pro Trade förderte dieses Mal vor allem Unternehmen aus Südamerika, aber auch Firmen aus Osteuropa und Afrika.

Argentinien, das in diesem Jahr Schwerpunktland der Messe war, präsentierte sich mit 33 Firmen an einem großen Gemeinschaftsstand. Von Pro Trade erhalten die Argeninier allerdings lediglich einen Zuschuß zu den Ausstellungskosten, denn der naturgemäße Anbau hat in Argentinien bereits eine lange Tradition. Inzwischen ist sogar ein den EU-Bestimmungen gleichwertiges System von Produktionsregeln und Kontrollinstanzen gesetzlich verankert. Daher ist Argentinien als einziges Schwellenland in die sogenannte „Drittlandliste“ der EU aufgenommen worden. Argentinische Firmen, die ihre Bioware in der EU verkaufen wollen, müssen keine Importermächtigung der EU mehr beantragen.

Anders sieht es in El Salvador aus. Wie Marion Bulay von Pro Trade berichtet, wurden durch den Bürgerkrieg viele Kaffeeplantagen zerstört. Weder für Düngemittel noch für Agro-Chemikalien wie Pestizide war Geld vorhanden. Der salvadorianische Kaffeehersteller Ernesto Palomo hatte deshalb ein offenes Ohr für den Vorschlag der GTZ, die arbeitsintensiven, aber ökologischen Anbaumethoden seines Großvaters wieder aufzunehmen, zu verbessern und Öko-Kaffee zu produzieren.

Seit 1990 ist „Cafe Silvestre“ mit fünfzehn Angestellten und 200 bis 300 Erntehelfern für die umliegenden Kaffeebauern zum Vorbildbetrieb geworden. „In ein paar Jahren“, schätzt Palomo, „haben alle 280 Kleinbauern der Region auf organischen Anbau umgestellt.“

Geldmangel macht Öko-Anbau attraktiv

Aber nur Betriebe mittlerer Größe werden gefördert. Sie dürfen nicht zu klein sein, erläutert Reinhard Gerstenberg von Pro Trade, „damit für den deutschen Mittelstand fähige Partner entstehen und die Ausweitung der Kapazitäten in einem überschaubaren Zeitraum möglich ist“. Ausbeuterische Großgrundbesitzer kämen zwar nicht in Frage, aber sonst spiele „die soziale Schiene“ eine eher untergeordnete Rolle. Wichtiger für die Pro Trade Förderung sei ein Produkt, das für den deutschen Markt interessant ist.

Außerdem, ergänzt Gerstenberg, müssen die interessierten Unternehmer „motiviert und aufnahmebereit“ sein, um Beratung und finanzielle Hilfen zu erhalten. Sie erhalten jeweils zwischen 10.000 und 35.000 Mark. Bei einem Förderetat von rund zwei Millionen Mark sind die unterstützten Firmen zweifellos handverlesen. In jedem Fall, so Gerstenberg, müssen sie einen Eigenanteil tragen. „Wer sich den Flug zur Messe nicht leisten kann, muß eben daheim bleiben.“

Der Salvadorianer Palomo ist nun schon zum zweiten Mal auf der Bio Fach und weiß, worauf die Kunden abfahren. Aus Palomas Kaffeepflanzen wird ein fein strukturiertes Papier hergestellt, in das der Öko-Kaffee verpackt wird. Darauf hat der Chef seine Finca zeichnen lassen. „Mit Farbe aus stark konzentriertem Kaffee natürlich“, lächelt Ernesto Palomo stolz, „oder hätten wir Pelikan- Tinte importieren sollen?“ Sabine Kohlstadt