Hanseatisches Ehegattensplitting

Hamburgs Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) schanzt ihrem Mann Millionenauftrag zu. Laut der taz vorliegenden Schreiben stoppte die Senatorin dafür einen bereits vergebenen Auftrag  ■ Aus Hamburg Silke Mertins

Im rot-grün regierten Hamburg geht, anders als in Hessen, Ehegattensplitting vor „Cousinenwirtschaft“. Nach Informationen der taz hat Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) ihrem Gatten einen Millionenauftrag zugeschanzt.

Ehemann Peter Fischer, Geschäftsführer der Alkoholiker- Therapieeinrichtung Alida- Schmidt-Stiftung, hatte sich zunächst vergeblich um einen Zuschlag der Senatsbehörde für Soziales beworben. Das zuständige Amt der Sozialbehörde hatte im Juli 1997 auf das wesentlich günstigere und konzeptionell bessere Angebot des Guttempler Hilfswerks zugegriffen: „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß nunmehr auch die Amtsleitung der eingereichten Konzeption (...) zustimmt.“ Vier Wochen später bekamen die Guttempler erneut Post. „Mit großem Bedauern teile ich Ihnen mit“, sschrieb das Amt plötzlich, daß „die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) ihre Zustimmung“ für die geplante Einrichtung „zurückzieht“. Die Entscheidung, heißt es in dem der taz vorliegendem Schreiben, die „hochqualifizierte Konzeption“ nicht umzusetzen, sei von „der Leitung der Behörde“ getroffen worden.

Zwischenzeitlich hatte die Senatorin interveniert: „Ich bin damit nicht einverstanden!“ vermerkte Fischer-Menzel handschriftlich am 20. August letzten Jahres. Hamburger Einrichtungen sollten bevorzugt werden. Mit der Alida-Schmidt-Stiftung ihres Mannes und einem weiteren Mitbewerber habe das Amt nicht „ordentlich verhandelt“. Die Gründe für die negative Beurteilung seien „vorgeschoben“, kommentierte die Senatorin. „Ein deutliches Nein – so nicht – meinerseits!“ Unterschrift: Fischer-Menzel.

Ein halbes Jahr vergeht. Am 21. Januar dieses Jahres erhält Ehemann Fischer endlich den ersehnten Brief. „Bezugnehmend auf unser Gespräch“, schreibt die Sachbearbeiterin, „freue ich mich, Ihnen nun auch schriftlich die Zustimmung“ der Behörde „übermitteln“ zu können. Es bestehe bei Fischers Angebot wegen der Stadtnähe zwar eine „zu erwartende erhöhte Rückfallgefährdung der KlientInnen“, doch die werde man durch ein „stark verdichtetes und verpflichtendes Angebotsprogrammm“ auffangen können.

Der Gatte der Senatorin hat sich somit einen Auftrag von etwa 1,3 Millionen Mark pro Jahr erkämpft – obwohl sein Angebot ursprünglich mehr als 150.000 Mark teurer als das der Guttempler war. Das Hilfswerk ist über die Entscheidungspraxis der Behörde „sehr verärgert“, so der Vorsitzende Helmut Lehmann. Die Absage sei wohl „eine politische Entscheidung“ gewesen, die „man auch Filz nennen“ könnte. Die Planungskosten habe das Hilfswerk vor einem halben Jahr von der Sozialbehörde zurückverlangt, aber noch keine Antwort erhalten.

Politisch dürfte die Begünstigung des Ehemanns im rot-grünen Hamburg für einige Erschütterungen sorgen. Fischer-Menzel hatte sich mit der Schließung des legendären Hafenkrankenhauses auf St. Pauli bereits im vergangenen Jahr in ihren eigenen Reihen viele Feinde gemacht. Erst vor drei Wochen verärgerte sie die SPD erneut mit einer Sozialhilfekürzung für Alleinerziehende. Daß sie überhaupt noch im Senat sitzt, verdankt sie ihrem Förderer, Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde.

Bei Rundes Vorgänger Henning Voscherau stand die Senatorin schon lange auf der Abschußliste, doch Runde hielt seine schützende Hand über seine Parteifreundin. Wie er stammt sie aus der Hochburg der Parteilinken, dem Kreis Nord. Und wie der Regierungschef schaffte sie den Sprung in den Senat über die Sozialbehörde, die traditionell dem Kreis Nord „gehört“. Fischer-Menzel sei „auf Bewährung“ im Senat, hieß nach Bildung der rot-grünen Regierung im vergangenen November in Kreisen der SPD – eine Senatorin von Rundes Gnaden. Und diese Bewährung dürfte sie nicht bestanden haben.