Urkunde gegen Geld

■ Umweltschutzorganisationen konkurrieren um Spenden. Große Tiere brauchen reiche Erben. Kampagnen bringen mehr als Plakate

Um das Geld von Spendierfreudigen buhlen in Deutschland vier große Umweltschützer: Nabu, BUND, WWF und Greenpeace. Doch allein das Image reicht nicht aus, viel hängt von den Projekten ab, für die gezielt um Spenden geworben wird. Uwe Hüser, Geschäftsführer beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu), kann ein Lied davon singen: Aktionen wie beispielsweise für den Schutz seltener Singvögel seien der Öffentlichkeit nur schwer zu verkaufen, Projekte für große Säugetiere hingegen liefen weit besser. Hüser: „Je größer das Tier, desto größer die Spende.“ Dennoch macht man sich beim Nabu keine Sorgen. Denn auch klassische Themen laufen immer noch hervorragend, derzeit vor allem der Naturschutz Ostdeutschlands.

Das finanzielle Rückgrat des Nabu bilden mit etwa 12 Millionen Mark die Mitgliedsbeiträge. Noch einmal halb soviel kommt über die zweite Säule, die Spenden, herein, mithin jährlich etwa 6 Millionen Mark. Das dritte Standbein des Nabu schließlich sind öffentliche Zuschüsse. Das Geld aus den Spendenaufrufen geht direkt in die Projekte und wird dort langfristig eingeplant. „Ein Aufruf muß für zwei Jahre reichen“, erläutert Hüser. Die Mitgliedsbeiträge dagegen decken die Verwaltungskosten und die unpopulärere Lobbyarbeit, wie beispielsweise Richtlinien zum Naturschutz in Brüssel durchzusetzen. „Direct-mailing“ an bekannte Adressen und gutes „Mediencovering“ – sprich gezielte Presseinformation – sind die Hauptmethoden des Nabu, in die Öffentlichkeit zu gehen. Darüber hinaus sei die direkte Ansprache der Bürger bei Kampagnen „sehr erfolgreich“.

Georg Schwede, Geschäftsführer der deutschen Sektion des World Wide Fund for Nature (WWF), bestätigt den Erfolg solchen Vorgehens. Auch der WWF setze auf Direct-mailing als Mittel der Mitglieder- und Spendenwerbung. Akquise betreibe man sowohl im Rahmen von Kampagnen als auch durch den Kauf von Adressen. Als besonders erfolgreich beschreibt Schwede Partnerschaftsprojekte, bei denen der Spender symbolisch eine Urkunde erhält. Eine Partnerschaft 1995 beispielsweise für den Sibirischen Tiger brachte ein Spitzenergebnis. Zwei Jahre später, Weihnachten 1997, waren es Urkunden, die dem Spender symbolisch einen Teil des Regenwaldes „übergaben“.

Doch Schwede will auch neue Wege beschreiten: „Sowohl die schon etwas älteren Menschen als auch die künftigen Erben sind ein Wachstumspotential für den Spendenmarkt.“ So makaber es klingt, so real sind die Einnahmen. Denn immer mehr Menschen hinterlassen wohltätigen Organisationen Geld. Zwar kommt über die Hälfte der Einnahmen von fast 29 Millionen Mark beim WWF aus Spenden, aber sechs Prozent des Gesamtumsatzes – 1996 immerhin 1,6 Millionen Mark – hat der WWF regelrecht geerbt. Das gesammelte Geld fließt direkt in die Projekte, die Verwaltung wird über Mitgliedsbeiträge finanziert.

Georg Schwede zieht aber eine klare Grenze, wenn es um den Erwerb von Spenden geht: Obwohl die Tankstellenkette Esso beispielsweise den „Tiger im Tank“ habe, habe man nicht an eine Kooperation gedacht, als man das Projekt „Sibirischer Tiger“ aus der Taufe hob.

An solche Kooperationen denkt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ebensowenig: 86 Prozent der Gesamteinnahmen, rund 13 Millionen Mark, kommen laut Geschäftsbericht 1996 zu fast gleichen Teilen aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Im Gegensatz zum Nabu sind die Zuschüsse aus öffentlicher Hand beim BUND allerdings nur sehr gering. Über die Hälfte der Einnahmen verwendete der BUND für umwelt- und naturschutzpolitische Arbeit: Lobbyarbeit, Projekte, Aktionen und Kampagnen. Der Rest wird auf die Basis, die Landesverbände, die Verwaltung und die Öffentlichkeitsarbeit verteilt.

Keine der befragten Umweltschutzorganisationen verzeichnete bisher einen rezessionsbedingten Rückgang der Spenden. Und auch das kleine weihnachtliche „Spenden-Hoch“ stellte sich 1997 wieder ein. Eva Blank