Kommta nach vorna, bitta!“

■ Stagebox: „Brent“und „Stereo Flyers“spielten im Modernes

„Brent“aus Bremen gehen hervor aus den Überbleibseln der Lokalbands „Sandcastle 5“, „Farmhouse“und „Jetsam“. Bei ihrem Stagebox-Auftritt im Modernes bewiesen sie, daß eine neue Band besser sein kann als die Summe ihrer alten Bestandteile. „Brent ist neu, Brent ist hart, Brent ist auch manchmal weich“heißt es ein wenig unentschlossen in der Eigenwerbung. Man fühlte sich schon an die antike 96er Homebanking-Werbung erinnert (“Mal geht's mir so, manchmal aber auch so“), aber Brent klangen alles andere als wankelmütig. Meistens klangen die fünf Herren nach durchaus emotionsbereiten Musikern, die ihren Gefühlen mit Hilfe harter Gitarrenmusik Ausdruck verleihen. Das ergab natürlich Rockmusik, allerdings so erstaunlich rund, daß sie mehr rollte als rockte. Hin und wieder gab es einen Break für Gitarre oder Stimme, aber der rote Faden wurde von den Kollegen stets so flink wieder aufgenommen, daß er sich nie verhedderte. Bei einigen Intros stimmte der Sologitarrist Sounds an, die an 70er-Show-Rock a la Alice Cooper erinnerten. Sobald jedoch der Rest der Band einsetzte, klang der Sound zur Freude des Publikums wieder songbetont.

Da hatten es die „Stereo Flyers“zunächst schwerer. Dabei stellte ihr Auftritt ein echtes Novum in der Stagebox-Reihe dar: Die vier Kalifornier sind die erste Band, die von Übersee zum Gratis-Konzert ins Modernes eingeflogen ist. Hilfreich war natürlich, daß sie ohnehin gerade einen Monat Deutschlandtour hinter sich und eine weitere Woche vor sich hatte. Auf der bisherigen Tour hatten ihre Wortführer immerhin die wichtigsten Konzert-Floskeln in gebrochenem Deutsch gelernt: „Prost!“und „Kommta nach vorna, bitta!“Der deutsche Text von „Happy Birthday“überstieg allerdings ihre Sprachkenntnisse. Sehr zum Verdruß von Gitarrist Monroe Grisman, der am Mittwoch Geburtstag hatte. Solche kleinen Enthüllungen aus der Privatsphäre brachen bald das Eis, das zwischen Band und Publikum anfangs nur langsam schmolz. Die luftigen Pop-Songs mit unaufgeregtem Punk-Einschlag und bis zu dreistimmigem Gesang hatten Ohrwurm-Potential und schrieen nach Wiedererkennungswert. Was man jedoch nicht kennt, kann man auch nicht wiedererkennen. Anhand der musikalischen Qualität konnte man sich leicht vorstellen, daß in einem Saal voller „Stereo Flyers“-KennerInnen an diesem Abend von Anfang an die Post abgegangen wäre. Aber Fans müssen erstmal erarbeitet werden. Die Band setzte alles daran und hatte letztendlich sogar Erfolg. An diesem Erfolg hatte neben dem charismatischen Geschichtenerzähler und feinen Gitarristen Grisman vor allem Sänger Will Evankovich mit seinem Organ zwischen jungenhafter Unbekümmertheit, heiserer Verlorenheit und zynischer Schlitz-ohrigkeit Anteil.

Andreas Neuenkirchen