Ach, wo blieb die Jugend?

■ ...da das ohnehin keiner mehr beantworten kann, will "quer", das neue BR-Jugendformat, für alle dasein. Und das gelingt sogar (20.15 Uhr)

Die Jungen wollen lieber alt sein und ernst genommen werden, die Alten sind derweil allesamt jung geblieben. Alterslos driftet die Gesellschaft dahin, ohne Bekenntnis zur eigenen Entwicklungsstufe zappen sich die Menschen durchs Abendprogramm – der Alptraum eines jeden Programmplaners.

Das Bayerische Fernsehen könnte heute abend aufwachen: Die neue Magazin-Sendung „quer“, wohlgeratene Tochter der Mutter aller Jugendformate, „Live aus dem Schlachthof“ (welche vergangene Woche zu Grabe getragen wurde), will für alle dasein. „14- bis 40jährige junge Menschen und Junggebliebene“ heißt die Zielgruppe laut Pressemitteilung, und angesprochen fühlen darf sich folglich wohl jeder, der einschaltet.

Ein Blick auf die interne Testfolge macht Hoffnung, daß sich der Griff zur Fernbedienung tatsächlich lohnen wird: Christoph Süß (30), ein Münchner Kabarettist, der ein bißchen so aussieht wie der verlorene kleine Bruder von Friedrich Küppersbusch, moderiert eine Melange aus aktuellen Reportagen, Satiren und Studiogästen live aus einem virtuellen Studio. Klingt verdächtig nach einer unseligen Kombination aus „Focus-TV“ und jener glücklicherweise wieder vergessenen Kronzuckerschen Knalltütenveranstaltung auf Sat.1 – ist es aber nicht.

Süß verrichtet seine Arbeit angenehm unprätentiös, spielt sich nicht in den Vordergrund und wirkt – im Fernsehen eine wahre Seltenheit – tatsächlich interessiert an den Themen, die er präsentiert. Die neue Redaktion im Hintergrund ist dabei die alte aus dem Schlachthof geblieben: Julia Suplie, Christian Feist und Wolfgang Mezger haben das enggeschnürte Korsett des lahm gewordenen Vorgängerformats abgelegt und sich so den Weg für neue, bisher nicht realisierbare Ideen frei gemacht. Freilich ist viel Spielerei dabei, die im wöchentlichen Rhythmus noch ihren praktischen Wert unter Beweis stellen muß.

Da wird mit Glossen experimentiert (in der Pilotfolge taucht sogar CSU-Monster Beckstein aus einem Schaschlikspieß auf), mit kabarettistischen Einlagen des Moderators, und als technisches Highlight darf dieser einen Kameramann fernsteuern und über dieses Alter ego virtuelle Interviews führen.

Die Konzentration auf Christoph Süß – ohne wohlgesinntes Studiopublikum an der Seite – birgt die größte Gefahr für das neue Format: Ist Süß schlecht drauf, wird „quer“ sauer. Motiviert ist der junge Mann jedenfalls: „Die Redakteure des BR versicherten mir glaubhaft, Rundfunkarbeit bedeute wenige, aber gewichtige Worte für viel Geld. Also habe ich zugesagt.“ Das ist wenigstens mal ehrlich. Stefan Kuzmany