Grüne kämpfen um Glaubwürdigkeit

■ Hessischer Landtagsausschuß befaßt sich mit „Cousinenwirtschaft“. Untersuchungskommission eingerichtet

Wiesbaden (taz) – Der „Fall“ bedeute einen Rückschlag für das Ansehen der Partei, sagte die Bundesgeschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen, Heide Rühe, im Südwestfunk. Der „Fall“ heißt „Cousinenwirtschaft“ (CDU) oder „Amiga-Affäre“ (taz). Und deshalb ist die dafür verantwortliche hessische Ministerin für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit, Margarethe Nimsch, am Sonntag zurückgetreten. Immerhin „schnell“, wie Rühe auch anmerkte. Daß es eine „Beschädigung unserer Glaubwürdigkeit“ gegeben habe, räumte gestern auch der hessische Minister der Justiz und für Europaangelegenheiten, Rupert von Plottnitz, vor dem Landtagsausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit ein.

Im Vorfeld eines noch einzurichtenden Untersuchungsausschusses wollten sich Union und FDP auf dieser Sondersitzung schon einmal einen Überblick über die Dimensionen des „grünen Versorgungsnetzwerkes“ verschaffen, wie der Abgeordnete Jung (CDU) süffisant anmerkte. Rupert von Plottnitz verwaltet bis zur Vereidigung einer neuen Ministerin auch das verwaiste Superministerium der zurückgetretenen Margarethe Nimsch kommissarisch.

Staatsekretär Rainer Baake, der die beabsichtigte „freihändige“ Auftragsvergabe seiner Ministerin an das Beratungsbüro „Stadtlandplus“ von Claudia Weigt (Bündnisgrüne) stoppte, berichtete, daß er inzwischen eine interne Untersuchung der beanstandeten Vorgänge in Auftrag gegeben habe. Dabei habe sich bereits herausgestellt, daß die verschiedenen Aufträge in Höhe von insgesamt 51.800 Mark an das Beratungsbüro von Regine Walch (Bündnisgrüne), noch Ehefrau von Tom Koenigs, „haushaltsrechtlich und nach den Vergaberichtlinien“ nicht zu beanstanden seien. Nimsch habe da formal korrekt gehandelt.

Baake und von Plottnitz sagten übereinstimmend, daß sie „nichts zu verbergen“ hätten. Bis zurück in das Jahr 1991 soll die interne Untersuchungskommission die an Dritte vergebenen Aufträge des Superministeriums und des früheren Umweltministeriums auflisten und überprüfen. Und wegen der eingeräumten Fehler in Sachen „Stadtlandplus“, wo es um einen Auftrag in Höhe von knapp einer halben Millionen Mark ging, habe die Ministerin schließlich schon die Konsequenzen gezogen und sei zurückgetreten.

Die Opposition gab sich damit nicht zufrieden. Namen anderer Firmen von Bündnisgrünen oder von deren „Sympathisanten“ kursierten, die auch aus dem Ministerium heraus „bedient“ worden sein sollen; etwa die Firma Brovi-Konzepte des früheren Landtagsabgeordneten Jochen Vielhauer. Die Beauftragung des Landesrechnungshofes mit den weiteren Untersuchungen wurde von der Opposition gefordert. Von Plottnitz und Baake sperrten sich auch dagegen nicht: „Wir stehen für Transparenz und Selbstreinigung“, so der Minister. Umweltschutzverbände fordern unterdessen eine Neuordnung des Ministeriums: Umweltschutz, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz sollten wieder unter einem Dach zusammengefaßt werden. Klaus-Peter Klingelschmitt