Entschädigung für alle NS-Opfer angemahnt

Bonn (taz) – NS-Verfolgte haben erneut eine Entschädigung für alle Opfer des Naziterrors gefordert. Sie warnten davor, über den Erinnerungsstunden zum heutigen Holocaust- Gedenktag zu vergessen, daß viele Überlebende, gerade in Osteuropa, nach wie vor in kümmerlichen Verhältnissen leben. Lothar Evers, Sprecher des Bundesverbandes für NS- Verfolgte, kritisierte außerdem, daß die NS-Debatte im Augenblick nur um ästhetische Fragen kreise, vor allem um die Gestaltung des Berliner Holocaust- Mahnmals. „Bei aller Redlichkeit der Entwürfe, Gedenken beginnt da, wo man den Überlebenden ihr Auskommen sichert“, sagte Evers gestern auf einer Pressekonferenz in Bonn. Evers bemängelte, daß die Entschädigung für die mittel- und osteuropäischen Juden bislang nur angekündigt sei, real aber erst Anfang 1999 zur Verfügung stehe. Zudem würden alle nichtjüdischen Opfergruppen, allen voran Sinti und Roma, von den Rentenzahlungen ausgeschlossen. Evers kritisierte in diesem Zusammenhang die Rolle des von der CSU geführten Finanzministeriums. Mit einer Vergaberichtlinie hätten Theo Waigels Beamte bislang verhindert, daß die Angehörigen der 20.000 deutschen Soldaten, die von den Nazis hingerichtet wurden, eine Entschädigung erhalten. Der Bundestag hatte im vergangenen Mai eine einmalige Zahlung für die Opfer der NS-Militärjustiz und ihrer Angehörigen in Höhe von 7.500 Mark beschlossen. Evers kritisierte, daß die Koalition die NS- Unrechtsurteile auch in dieser Legislaturperiode nicht aufheben wird. „Das sind eindeutige Wahlkampfsignale, die man sich bei diesem sensiblen Thema doch bitte schenken sollte.“ Zahlreiche Opfer würden ihre Rehabilitierung nicht mehr erleben. Evers forderte erneut, eine Bundesstiftung einzurichten, die unbürokratisch eine Rente an alle überlebenden NS- Opfer zahlt. Ariel Hauptmeier