Holocaust-Gedenken ohne Arafat

■ Weil Washingtons Jüdische Gemeinde den PLO-Chef für Hitlers Reinkarnation hält, wird er in einer Gedenkstätte nicht empfangen

Washington (taz) – Die Geste wäre bedeutsam gewesen: Jassir Arafat im Holocaust-Museum. Doch dazu wird es nicht kommen. Die Idee stammte von US-amerikanischen Diplomaten, die den Nahost-Friedensprozeß wieder in Gang bringen wollen. Arafat solle bei seinem Besuch in Washington am Donnerstag das dortige Holocaust-Museum besuchen, schlugen sie vor. Der Chef der palästinensischen Selbstverwaltung willigte ein. Es wäre der erste Besuch eines arabischen Politikers in einer der großen Gedenkstätten für die Opfer deutscher Judenvernichtung gewesen.

Das Holocaust-Museum sei täglich von zehn bis halb sechs Uhr abends geöffnet, ließ Miles Lerman, Vorsitzender des Holocaust Memorial Councils und selbst Überlebender des Holocaust, verlauten. Arafat könne es wie jeder andere besuchen. Die Vorstellung, sich in die Schlange der Tausenden einzureihen, die täglich Einlaß begehren, und nicht wie ein Staatsgast empfangen zu werden, empfand Arafat als Schlag ins Gesicht und lehnte ab.

Der Vorschlag stammte von Aaron Miller, dem Stellvertreter von Dennis Ross, dem Nahost-Unterhändler der US-Regierung. Beide sitzen im Vorstand des Holocaust Museums. Doch Miles Lerman geriet unter Druck der Jüdischen Gemeinde, die in Arafat die Reinkarnation Adolf Hitlers sieht.

Die palästinenische Führung hat verschiedentlich versucht, sich vom Odium des Antisemitismus reinzuwaschen. Zur bisher dramatischsten Geste kam es während des libanesischen Bürgerkriegs, als Arafat Spezialeinheiten vor der Beiruter Synagoge aufziehen ließ, um sie vor möglichen Angriffen rechter christlicher Milizen zu schützen. Gleichwohl ist die PLO nie den Ruch losgeworden, der ihr seit dem Ausspruch ihres ersten Vorsitzenden Ahmad Schukeiri anhaftet, der „die Juden ins Meer treiben“ wollte.

Über die Weigerung des Washingtoner Holocaust-Museums, ihn zu empfangen, soll Arafat außer sich sein: „Wir haben seit den Tagen Jitzhak Rabins unsere Hand immer wieder ausgestreckt, und immer wieder wird sie ausgeschlagen,“ sagte Abu Irdineh, ein Sprecher Arafats der Washington Post. Lerman hingegen erklärte, das Holocaust-Museum sei eine Gedenkstätte, die nicht in politische Auseinandersetzungen hineingezogen werden solle.

Am Samstag erreichte Arafat aus dem heimischen Gaza-Streifen ein anderers Angebot, den Opfern des Holocaust zu gedenken. Das dortige Yad-Mordechai-Museum lud ihn zu einem Besuch ein. Ihren Washingtoner Kollegen warf die Gedenkstättenleitung vor, eine Chance zur Versöhnung vertan zu haben. Peter Tautfest