Stell Dir vor, es ist Feminismus, und keine geht hin

■ An der Bremer Universität fand ein Fraueninfotag statt/ 15 Projekte stellten sich vor/ Aber wenig Besucherinnen kamen

Pippi Langstrumpf war auch dabei. Sie prankte als Aufnäher auf dem Knie der Redakteurin von „Sista“, universitäre Zeitschrift für Lesben und andere Frauen. Über einem lila gestrichenen Schränckchen streckte Angela Davis die Faust in die Höhe. Ein unbekanntes Model lächelte von der Titelseite des Frauenblattes „Feindin“und verkündete die frohe Botschaft: „fasten, turnen, kotzen“.

Die wenigen Anwesenden im Cafe „Frauen(t)raum“konnten am vergangenen Donnerstag die Verstärkung durch ihre Geschlechtsgenossinnen Pippi, Angela und Barbie gut brauchen. Denn nur sehr vereinzelt fanden sich dort Studentinnen zu den Veranstaltungen während des Fraueninfotages an der Bremer Universität zusammen. Dabei war das Programm breit angelegt: Das Autonome Feministische Referat für Lesben stellte sich genauso vor, wie zwei Akademikerinnen mit ihren Wochenendseminaren „Wege zur Abschlußarbeit“.

Den Anfang der jeweils einstündigen Diskussionsrunden machte am Morgen die zentrale Frauenbeauftragte der Universität Donate Pahnke. Seit ihrer Schulzeit, sagte die 46jährige Religionswissenschaftlerin, sei sie in der Frauenbewegung aktiv. Als 68erin verbrannte sie öffentlich BHs. Doch der aktionsreiche Schwung der späten 60er ist vorbei. „Wir müssen sehr viel arbeiten, nur um auf der Stelle zu bleiben.“

Jetzt kümmert sich Pahnke als Frauenbeauftragte darum, daß wichtige Berufungsverfahren an der Universität nicht ohne ihre Aufsicht vonstatten gehen. Wo nicht frauengerecht eingestellt wird, legt sie ein Veto ein: Emanzipation auf bürokratischem Wege. Das muß sein. Denn nur etwa jede 10. Professur wird in Bremen durch eine Frau besetzt. Ein kümmerlicher Anteil im Vergleich zur weiblichen Studentenschaft: In Bremen studieren 8.894 Frauen, das sind etwa die Hälfte der Hochschüler. Von ihnen saßen 0,1 Prozent – nämlich genau neun Frauen – im Cafe der Frauenbeauftragten gegenüber und hörten zu.

Dagegen profitierten die Infostände auf der Haupttreppe des Gebäudes GW 2 vom universitären Durchgangsverkehr. Tisch an Tisch standen Frauenprojekte wie die „Grüdungskommission: Zentrum für feministische Studien“, das universitäre „Frauenbüro“oder Gesa Mietzner mit ihrer Broschüre „Studieren mit Kind“. 15 verschiedene Frauenprojekte waren für den Infotag zusammengebracht worden. An den Ständen durften Männlein und Weiblein sich gleichermaßen informieren – das Cafe blieb Männer versperrt – Faltblätter einstecken und Fragen stellen. Voll war es auch hier nicht, aber zumindest streiften kontinuierlich Menschen umher.

„Ein Flugblatt mitzunehmen, liegt vielen eher als eine Diskussion“, urteilte Organisatorin Caroline Zieger im Rückblick. Außerdem sei der Zeitpunkt für den Fraueninfotag ungünstig gewesen. Nach dem kurzen Bremer Streik sind die Studentinnen ausgelaugt und von Aktionen übersättigt. „Jetzt ist der Druck groß, in die Lehrveranstaltugen zu gehen und Scheine zu machen“, sagte die 23jährige Sozialpädagogik-Studentin. An Plakaten und Infobriefen für die Veranstaltungen habe es nicht gemangelt. „Wir haben ziemlich viel Papier verbraucht“, meinte Mitorganisatorin Amely Schulze grinsend – auch sie ist Studentin.

Vielleicht war es die Fülle an Anschlägen und Angeboten an den Wänden der Uni, die den engagierten Fraueninfotag untergehen ließ. Andere Veranstalter agieren deshalb härter. So liegt in verschiedenen Cafeten die Broschüre des Bundesverbandes deutscher Volks- und Betriebswirte aus. Sie bewirbt eine außeruniversitäre Weiterbildung für Wirtschaftsstudenten. Ein Frauenkörper ohne Kopf ist dort zu sehen, mit knappem rotem T-Shirt und Jeans bekleidet. Von hinten schieben sich Männerhände unters Hemd und in die Hose der Frau. „Rein theoretisch hast du praktisch keine Chance“, steht darunter. Spätestens da wußten die anwesenden Studentinnen im Cafe „Frauen (t)raum“, warum sie sich zusammengefunden hatten. susa