Symbol Vukovar

■ Die Reintegration Ostslawoniens kann zum Vorbild für Bosnien werden

Wenn heute mit dem Abzug des UN-Personals die Ära der von den Vereinten Nationen geleiteten Übergangszeit endet, wird Vukovar wieder zu Kroatien gehören – ohne Wenn und Aber. Vukovar, das Symbol für den Widerstandswillen einer Zivilbevölkerung gegen die Angriffe einer entfesselten und mörderischen Soldateska im Herbst 1991, kann ab jetzt wieder aufgebaut werden. Angesichts des Unwillens und der Unfähigkeit der serbischen Behörden, für die Stadt und ihre BewohnerInnen etwas zu tun, beginnt erst jetzt, mehr als sechs Jahre nach der totalen Zerstörung, für Vukovar die Stunde Null. Heute ist es kein Geheimnis mehr, daß der kroatische Präsident Franjo Tudjman im August 1995 auf Druck der USA nach der Rückeroberung der Krajina auf eine Militäraktion in Ostslawonien verzichtete. In Vukovar sollte nicht noch mehr Blut vergossen werden. Das im Gegenzug gegebene Versprechen, die internationale Gemeinschaft werde für eine friedliche Reintegration sorgen, ist nun eingelöst worden. Und damit wird auch für Bosnien-Herzegowina ein Beispiel gesetzt.

Gewänne angesichts der von Kroatien ausgesprochenen Garantien auch die alteingesessene serbische Bevölkerung das Vertrauen, ihre Zukunft in diesem neuen kroatischen Staat zu sehen, könnten viele Wunden der Vergangenheit heilen und eine neue Basis für das kroatisch-serbische Verhältnis entstehen.

Die verständliche Ungeduld der kroatischen Vertriebenen, nach all diesen Jahren des Flüchtlingsdaseins endlich in die Heimat und das eigene Haus zurückzukehren, muß deshalb gezügelt werden. Die Prozeduren für die Rückkehr sind festgelegt und müssen, so schmerzlich dies für die eine oder andere Familie auch ist, eingehalten werden.

Gelingt die friedliche Reintegration in Vukovar, würde für alle Welt deutlich, daß so etwas auch im zerrissenen Bosnien-Herzegowina möglich ist. Gerade deshalb sind kroatische und serbische Extremisten so gefährlich. Anschläge von serbischer oder, politisch noch verhängnisvoller, von extremistischer kroatischer Seite könnten die Bleibewilligen verunsichern. Von der Handlungsfähigkeit der in Ostslawonien je zur Hälfte aus Kroaten und Serben gebildeten Polizei hängt jetzt also viel ab. Bewältigt sie die Aufgabe, wird Vukovar erneut zum Symbol.

Erich Rathfelder Reportage Seite 13