■ Zum Quietschen: Die Wahl zum Mister Frankfurt
: Wir von der Frauenpresse

Drei Dinge muß der Mann von heute in seinem Leben gemacht haben: ein Mountainbike einfahren, ein Fitneßstudio besuchen und an einer Misterwahl teilnehmen. „Und die aufgeklärte Frau von heute muß mindestens einmal eine Misterwahl gesehen haben“, kräht Frau Judy. Doch Kollegin Edith und ich sind gegen die Mister- Frankfurt-Wahl. Dort würden uns irgendwelche RTL-Dödel vom Lokalradio nur drängen, Sätze ins Mikro zu sprechen wie: „Toll, wenn auch Männer Lustobjekte sind.“

„Quatsch, da kommen keine Reporter. Die Reporter sind wir! Außerdem gibt es ein reichhaltiges Buffet!“ kontert Frau Judy und wedelt mit den Pressefreikarten, die sie irgendwo ergattert hat. Aber Edith und ich bleiben eisern. Jedenfalls so lange, bis Judys Campari-Flasche leer ist. Dann ziehen wir los.

Der Discotheken-Türsteher verweigert uns zunächst den Zutritt. „Hier ist Abendgarderobe!“ schnauzt er uns an. Doch wir schnauzen zurück: „Vorsicht! Wir sind von der Frauenpresse!“ Umstandslos bekommen wir drei digitale Spezial-Presse-Freikarten- Chips überreicht. Der Ausblick vom „Ginnheimer Spargel“, wie die Frankfurter ihren Fernsehturm angeblich nennen, ist fantastisch. Gute Plätze ganz vorn und Freigetränke, hier läßt es sich aushalten. Leider fehlt das angekündigte „reichhaltige Buffet“. Wir beschließen, die Kalorienzufuhr anders zu erledigen.

Nach drei Runden Piña Colada fängt der Wahlkampf auch schon an. Neunzehn junge Männer kommen und gehen, präsentieren artig die ganze Palette ihrer ausgefallenen Männerhobbies; entweder „Mountainbike-fahren“ oder „Fitneßstudio“ – ganz Harte machen sogar beides. Beliebt ist der Zusatz: „Wenn die Zeit es zuläßt.“

Das kaufmännische Gewerbe ist gut vertreten, Handwerk dagegen hat hier keinen goldenen Boden. Es ist nur ein Metzger dabei, und der wird später auch prompt nicht gewählt.

Dafür war einer der Mister-Anwärter schon mal bei „Herzblatt“ und durfte schon da seinen Supertrick zeigen: Er kann nämlich mit den Händen auf seinen abstehenden Ohren „Alle meine Entchen“ quietschen.

„...denn ich liebe dich“ endet das selbsterfundene Gedicht des letzten Kandidaten, ein eher schmächtiger junger Mann mit blonden Locken. Die Showmasterin ist begeistert und fordert einen „Sonderapplaus für unseren Poetiker!“ Ohne rot zu werden. Nur der „Poetiker“ wird rot. Wie süß!

Nach der Kennenlernrunde müssen die Herren einzeln in einem blauen Body über den Laufsteg wandeln. Wer will, darf sich das Kleidungsstück etwas herunterziehen, aber keinesfalls weiter als bis zum Bauchnabel. Das wollen lediglich zwei unbeholfene Unterprimaner, der Rest gibt sich lieber bedeckt. Schließlich zählt allein „die Ausstrahlung“, wie die Showmasterin immer wieder versichert.

Jede von uns ist wahlberechtigt und darf einen Punkt vergeben. Den schenken wir dem Metzger. Dafür, daß er noch nicht zum Bankkaufmann umgesattelt hat. Kurz darauf steht der Sieger fest: irgendein dunkelhaariger Gérard- Depardieu-Verschnitt, der uns nicht weiter aufgefallen war. Na ja. Man hat im Leben vielleicht schon zuviel Gérard Depardieu gesehen. Es wird jedoch auch von Schiebung gemunkelt.

Egal. Schnell ist der Hauptpreis überreicht: ein „Tauchkurs in Hanau“ und ein Jahr Frisör umsonst. Die armen Nichtgewinner bekommen zum Trost ein großes Stück grüne Männerseife und Rasierschaum.

Dann ist der Laufsteg frei für die erotisch aufgewühlten Tänzerinnen. Men in black! Samba! Und wieder von vorn.

Leider sind die Mister plötzlich allesamt verschwunden. Es wird Zeit für uns, woanders hinzugehen. Am Ausgang erfahren wir, daß die Spezial-Presse-Chipkarten nur freien Eintritt garantieren, die fünf Piña Coladas müßten wir aber schon selbst bezahlen. Macht pro Nase 75 Mark. Na danke schön.

Draußen auf dem Parkplatz stoßen wir unvermutet wieder auf unsere Kandidaten. „Los! Jetzt aber schnell!“ ruft der Poetiker und schließt seinen Golf auf. „Um eins fängt die Dreamboy-Darmstadt- Wahl an. Da kann man wenigstens 'ne Reise nach Mallorca gewinnen!“ Claudia Römer