Auf dem Trockenen

■ Starke Jacken, schwache Songs: „Rainbirds“im Moments

Die „Rainbirds“mögen seit neun Jahren keinen Hit gehabt haben, beweisen aber nach wie vor gewieften Geschäftssinn: Neben dem üblichen CD- und T-Shirt-Schnickschnack gab es am Devotionalienstand ihres Konzertes am Donnerstag Original-Rainbirds-Regenjacken zu kaufen. Ein Gimmick, über das selbst die Verkäuferin lachen mußte. Sollten die grübeligen „Rainbirds“etwa doch Humor haben? Wohl kaum, eher ein Gespür für kaufmännisch kluges Timing: Wahrscheinlich hatten sie ihre Tour absichtlich in einer Zeit launischen Wetters plaziert. Etliche der zahlreichen Gäste patschten von plötzlichen Schauern durchnäßt ins „Moments“und zogen für den Rückweg die Rainbirds-Regenjacke als denkbare Alternative zum Schnupfen in Betracht.

Auf der Bühne ging es derweil äußerst trocken zu. Die Originalbesetzung der Band trennte sich einst, weil die Jungs immer rocken und die Mädchen immer Poesie machen wollten. Poesie ging in den 80ern nur in englisch. Das haben sie beibehalten. In den 90ern geht Poesie nur mit maschinell verschlurften Drum-Loops. Das haben sie sich angeeignet. So rumpelte zumindest im ersten Teil des Konzertes stets erstmal die Maschine in leichter Schräglage los, bevor der menschliche Drummer den Rhythmus mit konservativem Schlag in harmonische Bahnen lenkte. Harmonisch und unauffällig genug, um Katharina Francks Stimme unmißverständlich in den Vordergrund zu rücken; schließlich ist sie die einzige Konstante im wechselhaften „Rainbirds“-Sound. Und es ist fürwahr eine schöne Stimme. Würde sie doch bloß angemessen schöne Songs singen. Daß es nach dem brillanten zweiten Album mit der Popularität der Band rapide bergab ging, kann nicht allein dem unbarmherzigen Umschwung des Zeitgeistes zugeschrieben werden. Allzu maniriert klingt das Material nach der Trennung von der Rockfraktion. Schönheit wird nur in der Ruhe gesucht, beautiful noise gibt es nicht bzw. kaum. Dabei steht der Band mit Ulrike Haage eine fantastische Keyboarderin und Knöpfchendreherin zur Verfügung, die hörbar gerne öfter auf den Putz hauen würde, wenn man sie nur ließe. Dafür aber war Frau Franck im „Moments“zu sehr Frontfrau, ihre Gitarre zu sehr Frontinstrument. Ein paar Mid-Tempo-Pop-Nummern mit etwas forscherer Akustikgitarre bildeten das Höchstmaß an Ausgelassenheit.

Originell wurde es immerhin bei der Songtrilogie „Sea of Time“. Bei einer Gitarre zwischen funkigem 70's-Gedängel, introvertierten Jazz-Spielereien und kreischendem Metal mußte man zwar nicht jedes Detail des Stückes lieben, aber eine gewisse Spannung war diesem Neu-Arrangement nicht abzusprechen. Ein zweites Mal klappte der Trick nicht: Die kraftlose Radikal-Neufassung des ersten und größten „Rainbirds“-Hits „Blueprint“wirkte allzu getrimmt, was letztendlich noch inkonsequenter war, als es ein simples Runterleiern des alten, beliebten Arrangements gewesen wäre.

Andreas Neuenkirchen