Strahlendes Welterbe

Eine riesige Uranmine auf Aborigines-Land: Wenn Regierung und Gerichte das Vorhaben nicht stoppen, soll die größte Blockadeaktion Australiens starten  ■ Aus Sydney Lars Abromeit

Die australische Regierung und der Energiekonzern Energy Resources Australia (ERA) planen für das nächste Frühjahr die Eröffnung der zweitgrößten Uranmine der Welt – und zwar in unmittelbarer Nähe des berühmten Kakadu-Nationalparks im äußersten Norden Australiens. Die Jabiluka- Mine soll einen Vorrat von 90.000 Tonnen Uran erschließen, das ausschließlich für den Export bestimmt ist: Zu den Abnehmern gehören neben AKW in Japan und Frankreich auch der deutsche RWE-Konzern.

Sowohl bei Umweltschützern als auch bei den im Gebiet der Mine lebenden Aborigines ist das Projekt jedoch auf heftigen Widerstand gestoßen: „Die Mine wird katastrophale Folgen für das gesamte Ökosystem des Kakadu-Nationalparks haben“, prophezeit John Hallam von der Umweltschutzorganisation Friends of the Earth. Diese führt eine Protestbewegung unter dem Namen Jabiluka Coalition gegen das Projekt an, der sich inzwischen über 50 verschiedene Interessengruppen einschließlich der Aborigines-Clans angeschlossen haben.

Vor allem die von der ERA geplante überirdische Lagerung radioaktiver Abfälle, aber auch der Bau von Straßen und die Arbeiten in der Mine selbst bedrohen nach Ansicht der Coalition das empfindliche biologische Gleichgewicht der Parks. Diese Befürchtungen stützen sich auch auf die Erfahrungen mit der nahe gelegenen und ähnlich konstruierten Uranmine Ranger: Aus dieser war in den letzten Jahren wiederholt radioaktiver Schlamm während der Regenzeit in Flüsse und Sumpfgebiete gespült worden.

Die Umweltschützer fordern deshalb die sofortige Einstellung des Jabiluka-Projekts. Sie weisen dabei besonders darauf hin, daß der Park von der Unesco als „Natur- und Kulturerbe der Menschheit“ erklärt wurde und damit durch das internationale „World Heritage“-Abkommen geschützt werde. Dieser doppelte Status wird neben Kakadu nur 19 anderen Gebieten der Welt zuteil. Der Nationalpark umfaßt ein Gebiet von 20.000 Quadratkilometern und bietet einem Drittel der gesamten Vogelwelt Australiens sowie vielen anderen zum Teil bedrohten Tier- und Pflanzenarten Schutz. Auch in der Kultur der Aborigines nimmt das Gebiet mit 5.000 heiligen Stätten – einige davon über 20.000 Jahre alt – eine zentrale Stellung ein.

Die australische Regierung hält dieser Kritik entgegen, daß sich die Jabiluka-Mine gar nicht im eigentlichen Nationalpark befände. In der Tat war die Gegend bei der Errichtung des Kakadu-Parks 1979 extra ausgespart und unter einen Vertrag zwischen den Ureinwohnern und der Firma Pancontinental Mining gestellt worden. Dieser ermöglicht grundsätzlich den Abbau von Bodenschätzen einschließlich Uran. Pancontinental hat seine Rechte aus dem Vertrag vor kurzem an ERA abgetreten. Umweltorganisationen und Aborigines bezweifeln aber die rechtliche Wirksamkeit des Abkommens. „Ökologisch gehört Jabiluka eindeutig zu Kakadu“, sagt John Hallam, der gemeinsam mit der NGO „The Wilderness Society“ bei der Unesco beantragt hat, den Nationalpark aufgrund der Mine als „bedrohtes Welterbe“ zu erklären, und eine ähnlich begründete Klage gegen ERA beim Obersten australischen Gerichtshof eingereicht hat.

Die betroffenen Aborigines- Clans haben die Mine einstimmig abgelehnt und fechten auch das frühere Abkommen mit Pancontinental vor dem High Court Australiens an, da es unter ungerechten Verhandlungspositionen und massivem Druck auf die Aborigines zustande gekommen sei. „Es ist unser Land, und das Jabiluka- Projekt zerstört unsere Kultur“, hatte die Vertreterin des Mirrar Gundjehmi Clans, Yvonne Margaruda, unlängst erklärt.

„Wenn die politischen und juristischen Wege scheitern, werden wir aber zu anderen Mitteln greifen müssen“, sagt John Hallam. Die Jabiluka Coalition will dann das Gelände der Mine für neun Monate von einer Regenzeit zur nächsten besetzen, um die Konstruktionsarbeiten zu verhindern. Über 900 Aktivisten sollen für diese größte Protestaktion ihrer Art in der Geschichte Australiens in Jabiluka ausharren.

Die Kampagne hofft dabei auch auf internationale Unterstützung: „Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, die Plakette ,Welterbe‘ ernst zu nehmen und für den Schutz Kakadus einzutreten“, sagt Chris Doran von der Wilderness Society. Im eigenen Land kann sich die Kampagne zumindest auf eine breite Unterstützung durch die Bevölkerung berufen: Nach einer Umfrage der staatlichen Australian Heritage Commission lehnen über 80 Prozent aller Australier das Minenprojekt strikt ab.