Der Tod aus dem Blutplasma?

■ Ein britisches Unternehmen holt ein Plasmapräparat zurück, das mit dem Blut eines an Creutzfeldt-Jakob Gestorbenen hergestellt und auch nach Deutschland exportiert wurde

Dublin/Hannover/Berlin (taz/ AFP) – Die britische Pharma- Firma Nycomed Amersham hat im November 10.000 Ampullen ihres Blutplasmapräparats Amerscan Pulmonate II zurückgerufen. Es enthielt das Blut eines britischen Spenders, der später an der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob- Krankheit (nvCJK) starb. Diese Hirnkrankheit ist durch die Rinderseuche BSE auf Menschen übertragen worden.

Trotz der Rückrufaktion haben die britischen Krankenhäuser bis heute erst 15 Prozent der ausgelieferten Ampullen zurückgegeben, bis zu 3.000 Personen sind nach einem Bericht der Times möglicherweise damit behandelt worden. Die Behörden wollen die Betroffenen nicht informieren, um sie nicht in Panik zu versetzen. In Irland will man die 268 Patienten, die das Mittel erhalten haben, bevor es aus dem Verkehr gezogen wurde, in „den nächsten Tagen möglichst schonend und mitfühlend“ informieren. Allerdings ist die Identität der Patienten aufgrund schlampiger Buchführung unklar.

Amerscan Pulmonate II ist in 52 Länder exportiert worden, darunter auch nach Deutschland. Wie das niedersächsische Gesundheitsministerium am Dienstag in Hannover mitteilte, wurden in Deutschland von Juli bis Mitte November 364 Packungen des Präparats zu je fünf Flaschen ausgeliefert. Von den insgesamt 1.820 Flaschen seien im Zuge der Rückrufaktion 1.039 zurückgegeben worden. Der Rest sei vermutlich verbraucht worden. Nach Angaben des Herstellers wurden 141 Fachkliniken und niedergelassene Radiologen in ganz Deutschland beliefert. Nach Angaben des Berliner Bundesinstituts für Arzneimittel wurden zwei der ursprünglich drei von Großbritannien nach Deutschland gelieferten Chargen nach Osteuropa weiterexportiert.

Bei dem Präparat handelt es sich um ein Produkt, das aus Blutplasma gewonnenes Protein enthält. Es wird als Kontrastmittel bei Röntgenuntersuchungen der Lunge eingesetzt. Das Dubliner Medizinische Amt wies gestern darauf hin, daß jede Ampulle im Durchschnitt nur 0,0000012 Milliliter Protein des verstorbenen Spenders enthalte. Auch der britische Blutspendedienst spielte die Gefahr herunter. Die Direktorin Angela Robinson sagte, in den vergangenen 20 Jahren sei „CJK weder durch Transfusionen noch durch Blut oder Blutprodukte jemals übertragen“ worden.

An nvCJK sind bisher 23 Menschen gestorben. Zwei von ihnen hatten früher Blut gespendet. Eine Übertragung der Krankheit auf diesem Weg ist bisher nicht nachgewiesen. Da die Krankheit jedoch relativ neu ist und die Inkubationszeit möglicherweise 20 Jahre beträgt, liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor.

Ulrich Hagemann von der Abteilung Risokoabwehr des Bundesinstituts für Arzneimittel hält die Gefahr für gering. „Ich halte es nicht für wahrscheinlich, daß die CJK-Erreger auch mit dem Blut übertragen werden“, sagte er. Das Risiko einer Infektion sei in Deutschland um ein Vielfaches geringer als in Irland oder Großbritannien, wo die gleiche Charge Albumin auch unmittelbar und grammweise, etwa nach Blutverlust, eingesetzt worden sei. RaSo