Die rockende Solo-Ukulele

■ Der Mann, der nicht nur den Rock'n'Roll erfand: Götz Alsmann und seine Band musizierten und scherzten im Schlachthof für die „Brasilianer Norddeutschlands“

Götz Alsmann will nicht recht in die deutsche Musik- und Comedy-Landschaft zwischen Guildo Horn und Helge Schneider passen. Er ist zu intelligent und musikalisch für eine dumpfe Schlager-Veralberung a la Horn und zu konzeptbesessen für den lässigen Dada-Jazz des Herrn Schneider. Wenn er obskures Liedgut aus den 40ern und 50ern ausgräbt, entdeckt er darin oft musikalische Finessen, wo andere sich nur über die vermeintlich doofen Texte belustigen. So kleidet er alte Songs in neue Gewänder, die den Liedern ihre Würde zurückgeben, welche eine Heerschar von einfallslosen Parodisten ihnen immer wieder zu rauben versuchte. Seine neuen Eigenkompositionen klingen täuschend echt nach alten Fremdkompositionen.

Daß das auch (oder gerade) ohne Torte im Gesicht urkomisch sein kann, demonstrierte der jungenhafte Vierzigjährige mit seiner großartigen „Götz Alsmann Band“am Samstag im Schlachthof. Auf das zahlreich erschienene Bremer Publikum hatte er sich per Recherche gut vorbereitet. Wenn besonders über die flacheren Witze gelacht wurde, begrüßte er „die Delegation aus Vegesack“. Mußte ein Fremdwort erklärt werden, tat er das „für die aus Oldenburg“. Nur daß er ausgerechnet im Schlachthof spielte, fand er befremdlich. Er fürchtete, man würde ihn hinterher in Schweinehälften bezahlen.

Die Bremer seien „die Brasilianer Norddeutschlands“hatte man dem Entertainer vor dem Konzert gesteckt, also spielte die Band viel Südamerikanisch-Temperamentvolles. Sogar ein Schlager wie „Liebling, deine Augen lügen“kam als getrommelte Dschungel-Version daher. Beziehungsweise als „Bongotrommeln gegen Menstruationsbeschwerden“-Version aus dem Münsteraner „Kreativhaus“, das Götz Alsmann mit liebenswerter Aufrichtigkeit verachtet. Das Temperament seiner Musik haute Alsmann oft selbst vom Schemel. Dann hüpfte der kleine Mann mit der sympathischen Entenfrisur breitbeinig hinter sein Keyboard oder wagte ein taumelndes Tänzchen mit seinem Trompeter. Das Publikum blieb trotz lautstarker Begeisterung brav sitzen. Lediglich ein Pärchen schwofte ein bißchen zur sentimentalen Abschiedsmelodie.

Bei aller Musikalität waren es jedoch die ausschweifenden Geschichten, die der Entertainer zwischen den Stücken erzählte und die den Reiz seiner Show ausmachten. Beispielsweise die traurige Geschichte, wie er in den 40ern mit seinem Ukulele-Trio bei einem Kneipenauftritt versehentlich den Rock'n'Roll erfand. Dummerweise hatte er die US-Soldaten übersehen, die in einer dunklen Ecke saßen und hektisch Notizen auf feuchten Bierdeckeln machten. Der Rest ist Geschichte. Daß aber nach wie vor keiner so auf der Solo-Ukulele rocken kann wie Götz Alsmann, bewies er umgehend.

Andreas Neuenkirchen

Götz Alsmann und Band spielen am 19. Dezember um 20 Uhr im TIF, Bremerhaven, sowie am 21. Dezember um 21 Uhr in der Kulturetage Oldenburg