Sozialer Job auf dem Bau

■ 20 Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger bauten ein Niedrigeenergiehaus in der Neustadt / Doch was erwartet sie nach dem befristeten Helferjob auf dem Bau?

Valerij Sackich spricht kaum deutsch. Seit zwei Jahren lebt der Rußland-Deutsche aus Kasachstan in Bremen. In Rußland war er Fahrer auf Baustellen, in Deutschland ohne Beschäftigung. Jetzt hat der 27jährige endlich Arbeit gefunden: als Bauhelfer. Etwa 1.900 Mark verdient er und ernährt damit Frau und seine Tochter. Nächstes Jahr läuft sein Arbeitsvertrag aus. Wie geht es dann weiter? Sackich zuckt mit den Schulter. „Ich weiß nicht“, sagt er.

Die befristete Arbeit hat Sackich über die Planungswerkstatt Bremen gefunden. Mit Mitteln des Arbeitsamtes Bremen, der Werkstatt Bremen und des Arbeitssenators werden im Moment 20 Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger gefördert. Gestern konnten die Projektteilnehmer Richtfest feiern: am Buntentorsteinweg in der Neustadt. Dort entsteht als Sozialbau ein Wohnhaus für acht Parteien.

Besonders alleinerziehende Mütter sollen mit ihren Familien in die Drei-Zimmer-Wohnungen ziehen. Wegen des Kinderlärms wurde auf die akustische Dämmung des Gebäudes genauso geachtet, wie auf einen Trockenraum für Wäsche in jeder Etage. „Es soll nicht der Eindruck entstehen, dies sei ein Billigbau. Es ist ein solider Bau“, sagt Architekt Ulrich Ruwe. Billig war der Bau trotzdem: 1.900 Mark pro Quadratmeter. Gebaut als Niedrigenergiehaus mit besonderer Wärmedämmung.

Alle Firmen, die am Wohnbauprojekt Buntensteintorweg mitarbeiten, sind verpflichtet, die 20 Arbeitslosen - die Hälfte sind ABM-Kräfte, die andere Hälfte Langzeitarbeitslose mit BSHG-19-Stellen - als Praktikanten zu beschäftigen. „Wir wollen in unseren Bauprojekten die Teilnehmer des Programms mit den Firmen zusammenbringen“, sagt Rolf Diener, Geschäftsführer der Planungswerkstatt. Am Ende der Jahresbeschäftigung sollen die Arbeitslosen qualifizierter auf den ersten Arbeitsmarkt zurück.

„Was soll ich denn mit 53 Jahren noch für Perspektiven haben? Da bin ich Realist.“1990 hatte Friedhelm Schirrmeister zuletzt gearbeitet: der Thüringer stellte bis kurz nach der Wende Stiefel für die NVA her. Die Armee wurde, wie das Land DDR und sein VEB, abgewickelt. Den Ostdeutschen verschlug es in den Westen. Er fand keine Arbeit. „Zu alt“, sagt Schirrmeister nur. Das hat sich jetzt vorübergehend geändert. Bis zum April nächsten Jahres ist er Bauhelfer in der Planungswerkstatt. Daß er danach wieder eine Arbeit findet, ist unwahrscheinlich.

Bei solchen Aussichten fällt es manchmal schwer, die Arbeit am Bau ernst zu nehmen. „Viele Bauhelfer sagen anfangs: Wir sind doch nur ein ABM-Projekt“, meint Jay Thielemann. Die gelernte Maurerin ist nicht nur Projektleiterin am Buntentorsteinweg, sie ist auch für die „psychosoziale Beratung“zuständig. Zu deutsch: die 28jährige hilft ihrer Zwanzig Mann-Truppe bei Behörden und Banken oder löst Gruppenkonflikte. Manchem Langzeitarbeitslosen fällt die Umstellung auf geregelte Arbeit schwer. Besonders, wenn dann wieder Arbeitslosigkeit droht.

Trotzdem: 4000 Bewerber drängen sich im Jahr um die 1000 BSHG-19 Stellen der Werkstatt Bremen, ein Eigenbetrieb der Stadt, der teilweise die Arbeit am Buntentorsteinweg finanziert. Wichtig ist der Planungswerkstatt die Eigeninitiative der Arbeitslosen. Von Zwangsmaßnahmen, wie sie Sozialsenatorin Tine Wischer (SPD) vorschlug - nur wer eine Stelle antritt, kriegt Stütze - hält Geschäftsführer Diener nichts. „Die Motivation muß beim Arbeiten vorhanden sein“, sagt er. Es soll schließlich ein solides Haus entstehen. susa