Schneider-Prozeß beschleunigt

Das Gericht möchte den Bau-Pleitier noch vor Weihnachten verurteilt haben. Auch Dresdner-Bank-Manager ließen sich an der Nase herumführen  ■ Aus Frankfurt Heide Platen

Schluß ist seit gestern mit der Beweisaufnahme im Prozeß gegen den Ex-Immobilienspekulanten Jürgen Schneider. Die Plädoyers werden, wenn Verteidigung und Staatsanwälte auf neue Beweisanträge verzichten, am 10. Dezember beginnen. Das sagte der Vorsitzende Richter des Frankfurter Landgerichts, Heinrich Gehrke, gestern mittag. Das Urteil wolle er dann am 19. Dezember verkünden. Zuvor hatte Gehrke mehrmals signalisiert, daß das Verfahren bei ein wenig mehr Geständnisfreude des Angeklagten vor Weihnachten beendet sein könne.

Dem war Schneider während der letzten Wochen, wenn auch zögerlich, nachgekommen. Im Lauf des Verfahrens hatte er nach und nach zugegeben, daß er für seine Millionenkredite in Frankfurt, Dresden, Berlin und anderswo Unterlagen fälschte, manipulierte und Schmiergelder zahlte. Dabei arbeitete Schneider nach einem nur leicht variierten Muster. Er kaufte Altbauten in bester Lage, erhöhte deren Kaufpreis phantasievoll nach oben oder erfand Scheinfirmen, die kräftige Entschädigungen für ihren Verkaufswillen überwiesen bekamen. Manchmal fingierte Schneider auch Abstandszahlungen an angebliche Kaufkonkurrenten und Mieter. Den so erworbenen Immobilien fügte er vor seinen überhöhten Kreditanträgen auch noch imaginäre Quadratmeter Mietfläche hinzu, die entweder im Keller, im Hausflur und im freien Luftraum angesiedelt waren.

Während der letzten Verhandlungstage hatte sich das Gericht vor allem mit dem Berliner Kurfürsteneck befaßt, das seit dem Kauf durch Schneider 1993 ebenfalls eine seltsame Wertsteigerung auf 370 Millionen Mark erfahren hatte. Letzte Zeugen waren drei Vorstandsmitglieder der Dresdner Bank, die dem Pleitier für das Projekt einen Kredit von 325 Millionen Mark gewährt hatte. 121 Millionen seien für Abstandszahlungen benötigt worden, machte Schneider der Bank weis. Das Geld kassierte eine seiner Scheinfirmen, angeblich Anteilseignerin am Kurfürsteneck. Das, hatte sich Vorsitzender Heinrich Gehrke gewundert, sei schon deshalb „totaler Unsinn“, weil es doch eigentlich völlig ausreiche, Mitbewerber durch Höchstgebot aus dem Feld zu schlagen. Der Berliner Vorstand der Bank, Horst Müller, nannte den Vorgang zwar „ungewöhnlich“, zog es aber vor, dies nicht zu kommentieren. Der Wert der Immobilie sei schließlich durch Gutachten bestätigt worden. Sein Kollege Adenauer, damals gleichzeitig im Aufsichtsrat des Dortmunder Getränkekonzerns Brau und Brunnen AG, der Eigentümerin des Kurfürstenecks, kannte den echten Kaufpreis von 121 Millionen Mark. Er habe sich trotz Bedenken der Kreditabteilung nicht gewundert, daß Schneider nur ein halbes Jahr später den dreimal so hohen Kredit wollte, sagte er.

Schaden sei der Dresdner Bank kaum entstanden, weil sie außer dem Objekt aus der Konkursmasse 245 Millionen Mark von Schneiders beschlagnahmten Schweizer Konten bekommen habe.

Schneider, diesmal wegen schweren Kreditbetrugs und Urkundenfälschung angeklagt, wird möglicherweise im nächsten Jahr wieder vor Gericht stehen. Dann wird er sich zusammen mit Ehefrau Claudia wegen Bankrotts und Konkursbetrugs verantworten müssen.