„Die Angeklagten haben die Tat nicht begangen“

■ Im „La Belle“-Prozeß widerruft der Hauptbelastungszeuge plötzlich seine früheren Aussagen

Berlin (AP/rtr/taz) – Im Prozeß um den Bombenanschlag auf die Berliner Diskothek „La Belle“ hat der Hauptzeuge der Anklage gestern seine früheren Aussagen widerrufen. „Die Gruppe, die die Sache in der Diskothek durchgeführt hat, ist nicht die Gruppe, die hier sitzt“, erklärte der angeklagte Libyer Musbah Abulgasem Eter vor dem Berliner Landgericht.

Die Anklage wirft dem Palästinenser Jassir Chraidi und dem deutsch-libanesischen Ehepaar Ali und Verena Chanaa Mord und versuchten Mord, Verena Chanaas Schwester Andrea Häusler und Eter Beihilfe vor. Die libysche Führung soll Auftraggeber, ihre Botschaft in Ost-Berlin Ausgangspunkt des Anschlags gewesen sein.

Tatsächlich gelegt worden sei die Bombe, behauptet jetzt Eter, von der „italienischen Gruppe“, die parallel mit dem Anschlag beauftragt gewesen sei. Den Berlinern habe man nicht getraut, da Ali Chanaa Mitarbeiter der DDR- Staatssicherheit gewesen sei. Seine anderslautenden Aussagen vom Sommer 1996 bei der deutschen Botschaft in Malta seien falsch übersetzt worden, sagt Eter jetzt.

Der Widerruf hat es in sich. Eter wurde nach seinen Aussagen auf Malta nach Berlin gebracht, wo er seine Angaben wiederholte. Eter erhielt Haftverschonung und Polizeischutz. Doch dann büxte er aus dem Zeugenschutzprogramm aus und setzte sich nach Italien ab. Nach seiner erneuten Festnahme stellte sich überraschend heraus, daß er in Rom auf dem Botschaftsgelände gewohnt hatte und sogar nach Libyen gereist war. Schon damals ahnten manche, daß er seine Aussagen widerrufen könnte. wg