Ästhetik der Wolkenkratzer

„Towers of Hamburg“: Das strategische Brettspiel von Benjamin Soberekon bewirbt sich um den Platz zwischen Schach und Dame  ■ Von Volker Stahl

Jede Idee hat ihre Vorgeschichte, die des Hamburgers Benjamin Soberekon beginnt im Stau: Während einer schier endlosen Ampel-Rotphase auf der Hamburger Straße läßt der genervte Autofahrer den Blick schweifen und der bleibt an den „drei in den Himmel ragenden Mundsburger Hochhäusern“hängen. Soberekons spontane Eingebung: „Das ist der Stoff für ein Spiel!“Das Spiel heißt „Towers of Hamburg“, ist eine strategische Herausforderung für zwei Personen und seit kurzem auf dem Markt.

Der Prototyp des Brettspiels liegt allerdings bereits seit 14 Jahren fix und fertig vor. „Aber ein Spiel zu entwickeln“, gibt der 49jährige Erfinder zu bedenken, „ist etwas anderes, als ein Spiel zu verkaufen.“Ein großer Spieleverlag hatte die Produktion vor zehn Jahren abgelehnt. Doch Soberekon ließ nicht locker. Er meldete das Türmespiel zum Patent an, investierte 50.000 Mark in die Herstellung von Spritzformen für Spielbrett und Pöppel (Spielsteine), Kartonagen und graphische Arbeiten und gründete auf eigene Faust den Verlag „Beson Games“, in dem er sein „original Hamburger Produkt“(Soberekon) jetzt vermarktet.

Zunächst bestehen die „Towers of Hamburg“lediglich aus 18 weißen und 18 schwarzen Vierecken. Die liegen, gleichmäßig verteilt, auf den 36 abwechselnd schwarzen und weißen Feldern des klar strukturierten Kunststoffspielbretts. Doch dann geht's los: Weiß auf weiß und schwarz auf schwarz werden schrittweise Türme gestapelt. Diese wiederum dürfen auch zur Gänze auf andere Bauplätze versetzt werden, die höheren Wolkenkratzer blockieren dabei in der waagerechten und senkrechten Reihe die niedrigeren. Das heißt: Ist ein kleinerer Turm blockiert, kann er zwar aufgestockt werden, sein Dachgeschoß darf aber nicht Baumaterial für andere Türme liefern. SiegerIn ist, wer zuerst ein sechsstöckiges Hochhaus erbaut oder den Gegner durch geschicktes Taktieren matt gesetzt hat.

Der besondere Clou ist die Dreidimensionalität – die spielerische Schulung des räumlichen Denkens für den Autor ein durchaus nicht unerwünschter Nebeneffekt. Und so entstehen im Verlauf der etwa halbstündigen Partie Gebilde, die an US-amerikanische Hochhaus-Ästhetik erinnern. Das ist kein Zufall: Benjamin Soberekon hat ein Faible für Türme. Der Anblick des Empire State Buildings, erinnert sich der gebürtige Nigerianer an seine erste Begegnung vor 20 Jahren, „setzte sich in meiner Gedankenwelt unverrückbar fest“. Dann kam der Sears Tower und heute begeistert sich der weitgereiste Im- und Exportkaufmann, der seit 1970 in Hamburg lebt, über den neuen „Turm zu Babel“in Kuala Lumpur.

Das Austüfteln von Spielen – wenn auch nur für den Hausgebrauch – ist für Soberekon nichts Neues. Für seine Tochter Angela entwickelte er vor Jahren ein Spiel zum leichteren Erlernen der vier Grundrechenarten, „weil ich ihr die Angst vor der Mathematik nehmen wollte“. Für angeschlagene Zeitgenossen entstand die „Regenbogentafel“, ein Konzentrationsspiel, das „Wetterfühligen die trüben Gedanken nehmen und Menschen mit Magenproblemen beruhigen“soll.

An sein erstes in Serie gegangenes Produkt legt der Autor denn auch besondere Maßstäbe an: „Trotz der einfachen, leicht verständlichen Regeln erreicht 'Towers of Hamburg' ein hohes Spielniveau und begeistert auch anspruchsvolle Schachspieler“, ist Soberekon überzeugt. Und in der Tat: Ungezählte Proberunden, die er in Afrika, Amerika und Europa spielen ließ, haben ihn in seiner Auffassung bestärkt, daß sich sein Strategiespiel „zwischen Dame und Schach“etablieren wird.

In seiner Heimatstadt Buguma ist es vielleicht schon soweit. Dort begeistern sich immer mehr „Dame“-Anhänger für das dort bisher in Selfmade-Manier hergestellte Türmespiel. Benjamin Soberekon ist sich sicher: „'Towers of Hamburg' wird auch dann noch gespielt werden, wenn ich tot bin.“

„Towers of Hamburg“kann beim Beson-Verlag, Imstedt 5d, 22083 Hamburg, bestellt werden (040 / 279 97 97). Das Spiel kostet 59 Mark, per Nachnahme kommen Versand- und Portokosten hinzu.