„Und wie heißt denn du?“„Äh, ... hihihi!“

■ 1. Bremer Girlgroup-Party im Modernes geriet zum Desaster / Peinliche Moderation und provinzielle Hupfdohlen

Der 21.11. war der Schwarze Freitag der jüngeren Popgeschichte. Die verheerende Pressekonferenz von „Tic Tac Toe“, die Verhaftung Coolios, der Selbstmord von Michael Hutchence und mittendrin die „Girls Girls Girls“-Party im Modernes.

Unter anderem sollte auf Bremens erster Girlgroup-Party Bremens erste Girlgroup vorgestellt werden. Vorgestellt wurden die fünf Mädchen, die aus 300 Bewerberinnen ausgesucht wurden, tatsächlich. Musik machen durften sie allerdings noch nicht. Abgesehen vom obligatorischen A-capella-Kurztest, den man vom medialen Umgang mit den Boygroups kennt. Der geht so: Funk- und Fernsehreporter wissen nie, was sie die tanzenden Rotzlöffel fragen sollen, also halten sie ihnen ein Mikrofon unter die Nase, auf daß sie mit den Fingern schnipsen und jaulen. Die Tatsache, daß die Jungs gleichzeitig das gleiche singen können, wird dann grundlos als Beweis gewertet, daß es sich bei ihnen um echte Musiker handele.

Bei den Mädchen im Modernes war es ähnlich. Nach dem kurzen Singspiel und einem kürzeren Interview („Und wie heißt denn du?“„Äh... hihihi!“) gingen sie wieder ab. Höchstwahrscheinlich waren ihre Songs noch nicht erfunden, genau wie ihr Bandname.

Einen Bandnamen haben „Mutlu“bereits, und zwar genau diesen. Keineswegs heißen sie „Geliebte Schwestern“. Haben nie so geheißen, werden wohl nie so heißen. Trotzdem wurden sie im Vorfeld unter diesem Namen angekündigt und selbst am Abend des Geschehens noch entsprechend anmoderiert. Man darf dem Moderator keinen Vorwurf machen – er war restlos überfordert. Ständig mußte er alles dransetzen, sich mit sabberigen Schoten und Technikerverunglimpfungen um Kopf und Kragen zu reden, die „Beine bis zum Himmel“der auftretenden Girlies zu lobpreisen und die Zunge möglichst weit aus dem Mund hängen zu lassen.

Neben dem Moderator überforderten „Mutlu“das Publikum. Es war verwirrt. Da waren zwei junge Frauen, die nicht nur selbst, sondern auch noch live sangen. Zwei Frauen, die von Formationstanzschritten nichts hielten, und die zu allem Überfluß auch noch etwas anhatten. So was wollte man nicht sehen. Musik war bei der Girl-group-Party weniger gefragt. Dann schon lieber die „Funky Hot Twens“, die nur zum Tanzen da waren und auf Flyern Werbung für ein Fitneßstudio machten.

Getanzt wurde auch von zwei Gogo-Damen, die neben einem DJ noch einen Live-Perkussionisten mitgebracht hatten. Eine Überflüssigkeit sondergleichen, zumal die aufgelegten Platten bereits über genügend eigene Beats verfügten. Der Trommler mußte also die Lücken im Takt finden und ganz schnell reinhauen, egal wie. Das Leiden in den Gesichtern der wenigen Musikfreunde im Publikum spottete jeder Beschreibung.

Mehrere Anlaufschwierigkeiten hatte der Auftritt der gemischtgeschlechtlichen Girlgroup (sic) „L. A. P. D.“. Erst hatten die Mitglieder ihre Haare nicht rechtzeitig fertig bekommen, dann gab es Probleme mit den Headsets. Als sie dann schließlich auf der Bühne standen, trugen sie Polizeioutfits. Die erste Girlgroup für Männer, die auf Frauen in Uniformen stehen.

Der Haupt-Act „Funky Diamonds“bewies vor allem eins: Es gibt eine unterschiedliche Wertigkeit von Girlgroups. Provinzielle Hupfdohlen wie die „Funky Diamonds“können mit noch so vielen Limousinen vorm Modernes vorfahren und sich an noch so originellen Stellen piercen lassen, sie werden Popgöttinnen wie den anvisierten „Spice Girls“niemals das Wasser reichen können. Daran konnte auch die pompös inszenierte After-Show-Party im Footy's nichts ändern, bei der sogar involvierte Künstlerinnen Schwierigkeiten hatten, am Türsteher vorbeizukommen. Vom gemeinen Volk ganz zu schweigen.

Andreas Neuenkirchen