Erfolg für Islamisten in Hessen

Bei den Wahlen zu den hessischen Ausländerbeiräten bleiben AusländerInnen den Urnen fern. Grüne und Sozialdemokraten ohne Erfolg  ■ Aus Frankfurt/Main Klaus-Peter Klingelschmitt

„Eine starke demokratische Basis“ sollten die Interessenvertretungen der AusländerInnen bekommen. Das jedenfalls hatte sich Murat Cakir, der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Hessen, im Vorfeld der Wahlen zu den Ausländerbeiräten gewünscht. Mehr als eine halbe Million ausländischer Bürger und Bürgerinnen waren am Sonntag in Hessen aufgerufen, die Ausländerbeiräte zu besetzen. Am abend dann der Schock: In der Metropole Frankfurt etwa gaben nur 11.520 der 145.793 wahlberechtigten AusländerInnen ihre Stimmen ab. „Eine Farce“ nannte Schuldezernetin Jutta Ebeling von den Bündnisgrünen die Wahlbeteiligung von 7,9 Prozent. Der Kommunalen Ausländervertretung (KAV) mangele es jetzt an der demokratische Legitimation.

Auf der Wahlparty am Sonntag abend im Frankfurter Römer wurde denn auch mehr zu den Wasserflaschen als zu den Sektflaschen gegriffen. Die Wahl gewonnen hat die Liste „Gemeinsam für eine bessere Zukunft“ (GfbZ) mit 12,5 Prozent. Sie ist ein Zusammenschluß der vier islamischen Vereine der Stadt, die der Türkischen Islamischen Union (TIU) nahestehen. Befürchtungen, wonach jetzt die islamischen Fundamentalisten in der Kommunalen Ausländervertretung den Ton angeben werden, wies der Spitzenkandidat der GfbZ zurück: „Wir sind Liberale.“ Kenner der Szene in Frankfurt halten die TIU und die „Moscheenbrüder“ allerdings für eine „Säule des Islamismus in der Diaspora“.

Zweitstärkste Liste in der Kommunalen Ausländervertretung in Frankfurt/Main wurde die kroatische Liste „Zvonimir“ mit 9,8 Prozent. Die internationalen Sozialdemokraten, die 1991 noch die Wahl gewonnen hatten, wurden von 12,6 auf 5,2 Prozent zurückgeworfen. Völlig eingegangen ist die den Bündnisgrünen nahestehende Liste „Immi Grün“, für die nur 380 WählerInnen (3,4 Prozent) votierten.

Islam light – so auch das Resümee in Rüsselsheim. Dort hat die Wahl die türkische „Liste 2000“ gewonnen. Deren Spitzenkandidatin Güllü Sener, eine Bankangestellte mit deutschem Paß, hat angekündigt, mit allen anderen Listen zusammenarbeiten zu wollen – auch mit der kurdischen Liste, die überraschend auf 18,8 Prozent der WählerInnenstimmen kam. Die Wahlbeteiligung in der Opelstadt mit einem Ausländeranteil von knapp 30 Prozent lag mit 20 Prozent zwar über dem Landesdurchschnitt, sei aber dennoch „erschreckend schwach“ gewesen, hieß es am Wahlabend im Rathaus. Der Grund: In der Stadt würden vorwiegend Ausländer und Ausländerinnen leben, die mehrheitlich nicht aus EU-Ländern nach Deutschland gekommen seien. Und diese dürften schließlich nicht an den „normalen“ Kommunalwahlen teilnehmen.

Während sich die Islamisten vor allem in den Städten und Gemeinden mit einem hohen Ausländeranteil durchsetzen konnten, siegten in den anderen Kommunen meist Listenverbindungen mit KandidatInnen verschiedener Nationalitäten. Zwei Drittel aller Mandate gingen an diese internationalen Listen.

Doch überall in Hessen konnte am Sonntag abend ein gleiches Ergebnis verkündet werden: eine extrem niedrige Wahlbeteiligung. In Kassel gingen zehn Prozent weniger AusländerInnen zur Wahl als beim letzten Urnengang. In Eltville im Rheingau waren die Stimmen am schnellsten ausgezählt: ganze 78 Bürger und Bürgerinnen ausländischer Nationalität hatten ihr Votum abgegeben (6,2 Prozent).