Und wer sagt jetzt „Du böses Weib“?
■ Am Sonntag kommt es in der „Lindenstraße“ zwischen 18.40 und 19.09 Uhr zur Scheidung der längsten Fernsehehe Deutschlands: Egon und Else Kling werden einander endlich los
Ach Gott, und jetzt? Egon und Else Kling lassen sich scheiden! Diesen Sonntag! Ist das jetzt wieder mal der Untergang des sonntäglichen Abendlandes? Das Ende einer Fernsehinstitution? Müssen wir jetzt wieder kübelweise Protestbriefe an die „Lindenstraße“ schicken, wie weiland 1991, als sich die Beimers trennten? Das Ende der längsten Fernsehehe Deutschlands bricht über uns herein; aber berührt es uns? Sind wir etwa erschüttert? Schreibt Elton John jetzt eine Trauerhymne? Mitnichten! Persönlichen Umfragen zufolge geht diese Trennung nämlich selbst eingefleischtesten Fans am Allerwertesten vorbei.
Und so sehen wir diesen Sonntag keine dramatische Scheidung, diesen Sonntag werden wir nur Zeuge eines schlichten Befreiungsaktes! Egon Kling, der Mann mit den zweitfulminantesten Augenbrauen der deutschen Fernsehlandschaft, wird endlich seine Else los, die blöde Kuh. Fragt sich sowieso, wie der Mann es 45 Jahre mit diesem Schandmaul ausgehalten hat. Und sie es mit diesem Langweiler. Seit ihrer Heirat im Januar 1952 haben die zwei in ihrem Eheleben ohnehin nicht viel zustande gebracht. Gut, einen fetten Sohn mit dem blöden Namen Olaf haben sie gezeugt. Doch was aus dem geworden ist, sieht man ja: eine bayerische Mischung aus Schuhmacher und Florist mit dem Hirn von der Mutter, dem Bierbauch vom Vater und dem schlechten Geschmack von allen beiden. Das hätten sie mal besser gleich lassen sollen!
Wirklich interessant ist jetzt ohnehin nur eine Frage: Wie geht's weiter? Gibt es tatsächlich nie wieder gemeinsame Handlungsstränge für Egon und Else wie den unvergessenen Schweinshaxenkochwettbewerb (den Egon gewann!!)? Keine Eifersüchteleien mehr wegen Onkel Franz Wittig oder Isolde Pavarotti? Und vor allem: Wer wird Else jetzt noch den Satz „Du böses Weib!“ entgegenschmettern, wenn es nötig wird? Machen wir uns nichts vor: Egon (72) und Else (75) sind alt geworden. Und die Zeiten, als Egon Videorecorder nach Griechenland schmuggelte, als Else in einem Wohnwagen campierte, um Malerin zu werden, sind Vergangenheit.
Doch vielleicht ist das Ende ihrer Ehe ja auch ein Aufbruch zu neuen Ufern, sprich: neuen Taten zweier eigentlich wunderbarer Fernseh-Ötzis. Der eine so liebenswert, wie die andere hassenswert ist. Ja, Egon, wir freuen uns mit dir über deine neugewonnene Freiheit! Aber jetzt vergrab dich nicht nur hinter deinen Puzzles! Und: Nein, Else, wir werden nicht mit dir leiden! Du hast es nicht verdient! Aber tu uns bitte trotzdem den Gefallen, und werd mal wieder so richtig eklig! Frank M. Ziegler
