Ruhe vor dem öffentlichen Sturm

Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst werden heute in Stuttgart fortgesetzt. Keine Annäherung zwischen Gewerkschaftern und Arbeitgebern in Sicht  ■ Von Walter Jacobs

Düsseldorf (taz) – Die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst gehen heute in die zweite Runde. Arbeitgeber und Gewerkschaften werden erneut über Überstundenabbau, Arbeitszeitkonten, Altersteilzeit und die Verkürzung der Wochenarbeitszeit reden. Eine Einigung über eine deutliche Arbeitszeitverkürzung ist jedoch nicht in Sicht.

Die Hoffnungen auf ein kleines Jobwunder – etwa nach dem praxisnahen Umverteilungsmodell des Politologen Peter Grottian – hatte die große Tarifkommission der ÖTV schon im Vorfeld zerstört. Entgegen der ursprünglichen Absicht von ÖTV-Chef Herbert Mai, der vergeblich für das Teilen von Arbeit und Lohn geworben hatte, beschlossen die Tarifkommissionsmitglieder, daß es eine Arbeitszeitverkürzung nur „ohne Eingriffe in bestehende Einkommen“ geben dürfe. Da die Arbeitgeber angekündigt haben, Beschäftigungsmaßnahmen, die Geld kosten, nun dann zuzustimmen, wenn es dafür Kompensationen gibt, sind allenfalls marginale Neuerungen zu erwarten. Eine Ausweitung der Personalausgaben sei „nicht denkbar“, darin sind sich Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) und der kommunale Verhandlungsführer Lothar Ruschmeier (SPD) einig. Unterdessen warf ÖTV-Chef Mai Innenminister Kanther vor, er habe das Thema Lohnfortzahlung für Kranke unnötigerweise hochgespielt und zugespitzt.

Welche Prozentforderung die Gewerkschaften erheben werden, steht noch nicht fest. Darüber wollen die Tarifkommissionen erst am 18. Dezember entscheiden. Die konkrete Zahl, so Herbert Mai, hänge wesentlich von den Gesprächen zur Beschäftigungssicherung ab. Je mehr dabei möglich werde, desto zurückhaltender soll die Forderung nach mehr Lohn ausfallen. In der ersten Runde hatten sich die Verhandlungspartner indes noch nicht einmal über die Verhandlungsgegenstände geeinigt. Sollte das heute so bleiben, so kündigte Mai schon vorab an, dürfte es mit der Ruhe im öffentlichen Dienst bald vorbei sei.

Einen Verhandlungserfolg meldet unterdessen die ÖTV in NRW. Man habe mit verschiedenen Ruhrarbeitgebern eine Regelung zur Altersteilzeit vereinbart, der „eine überregionale Bedeutung“ zukomme. Unter anderem sei vereinbart worden, „daß ältere Arbeitnehmer auf Arbeitszeit und Gehaltsanteile zu Gunsten eines vorzeitigen Ausscheidens verzichten, um jüngeren Beschäftigten Platz zu machen“.