AKW-Klage gescheitert

■ Neue Brennelemente dürfen im Reaktor Krümmel bleiben. Leukämiestudie läuft

Hamburg (taz) – Die Atomkraftgegnerin Renate Backhaus scheiterte am Dienstag abend zum zweiten mal mit einer Klage gegen das AKW Krümmel vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig. Backhaus hatte das Kieler Energieminsterium beschuldigt, zu Unrecht eine Genehmigung zum Einbau neuer Brennelemente gegeben zu haben. Ihr Vorwurf: Das Ministerium habe nicht geprüft, ob ein Zusammenhang zwischen dem AKW und den Leukämiefällen in seiner Umgebung besteht.

Nach Ansicht des OVG hat das schleswig-holsteinische Energieministerium die Genehmigung „ohne ihm anzulastendes Ermittlungsdefizit“ erteilt. Die radioaktiven Belastung in der Nähe des Meilers betrage etwa ein Prozent der genehmigten Grenzwerte. Bei der Festsetzung dieser Grenzwerte in der Strahlenschutzverordnung habe die Bundesregierung „sämtliche relevante Erkenntnisse“ auf dem Gebiet des Strahlenschutzes beachtet. Deshalb sei ein Zusammenhang zwischen dem AKW und den Leukämiefällen „praktisch ausgeschlossen“.

„Gehörige Zweifel an dieser Aussage“ meldeten dagegen gestern atomkritische Wissenschaftler an. Das Bremer Insitut für Präventivforschung untersucht seit Juni das Leukämierisiko durch das AKW Krümmel. Bislang festgestellt wurde eine „statistisch signifikante - sprich: auffallende - Zunahme der Blutkrebsfälle im Umkreis von fünf Kilometern um den Meiler. Ein Zusammenhang zwischen AKW und erhöhter Krankheitsrate sei „nicht auszuschließen“, erklärte gestern Wolfgang Hoffmann, Mitarbeiter des Instituts. Mit dem Ergebnis der Studie sei in drei Jahren zu rechnen.

Die Bremer Physik-Professorin Inge Schmitz-Feuerhake vermutet, daß die genehmigten Abgabewerte des Kraftwerkes immer wieder überschritten wurden und daß sich dadurch die höhere Krankheitsrate erklärt.

Die Klägerin Renate Backhaus, Landesvorsitzende des BUND Niedersachsen, warf dem Gericht eine „einseitige Auswahl“ an Fakten vor. „Der Nachweis, daß Krümmel nicht für die vielen Leukämieerkrankungen in der Elbmarsch verantwortlich ist, wurde gestern jedenfalls nicht erbracht.“

„Über die Rechtmäßigkeit des Einsatzes von GE-11-Brennelementen im AKW Krümmel ist heute die Entscheidung gefallen, nicht aber über die Notwendigkeit des Ausstiegs aus der Atomenergie“, erklärten Energieminister Claus Möller (SPD) und sein grüner Staatssekretär Wilfried Voigt. Viele Grüne hatten gehofft, über den sogenannten Backhaus-Prozeß die Stillegung des AKW Krümmel zu erreichen. Achim Fischer