Chaos bei Berliner Ausländerbehörde

■ betr.: „Spielcasino Friedrich-Krau se-Ufer“, taz vom 15.10. 97

Es ist schon bezeichnend, daß ausgerechnet das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.9. 97 von der Berliner „Ausländerbeauftragten“ lauthals bejammert wurde. Dabei hat dieses Urteil nur eine jahrelange rechtswidrige Praxis der Berliner Ausländerbehörde beendet, gegen die Rechtsanwälte und Flüchtlingsorganisationen seit Jahren vergebens ankämpften. Diese Behörde hat nämlich ohne jede Rechtsgrundlage Papiere ausgestellt, die in keinem Gesetz, auch nicht im Ausländergesetz vorgesehen sind. Es wäre angemessen gewesen, wenn Barbara John die dem Land Berlin durch diese Praxis entstandenen Kosten in Millionenhöhe bedauert hätte. Aber davon ist in ihren Reaktionen keine Rede, sondern sie bläst in das Horn ihres Chefs, Eberhard Diepgen, der eine weitere Verschärfung des Ausländergesetzes fordert. Unter dem Motto: Wenn uns die Auslegung unserer Gesetze durch die Gerichte nicht mehr paßt, müssen wir eben die Gesetze nach unserem Willen ändern. Derweil hält das Chaos bei der Berliner Ausländerbehörde an, MitarbeiterInnen schaffen sich Streß, indem sie AusländerInnen mit kurzfristigen Meldefristen versehen. Der Innensenator – sonst mit der Umsetzung für ihn günstiger Gerichtsentscheide schnell bei der Hand – läßt sich Zeit und AusländerInnen, die nicht ausreisen oder abgeschoben werden können, leben weiter in Rechtsunsicherheit und Angst, denn jeder Polizeibeamte kann einen Menschen ausländischer Herkunft ohne gültigen Aufenthaltsstatus festnehmen und in Abschiebehaft bringen. Hinzu kommt, daß die Ausländerbehörde selbst dafür sorgt, daß auch ausreisewillige Personen nicht ausreisen können, indem sie die Pässe einzieht und in ihren Akten verschwinden läßt, bis sie ungültig geworden sind. Aber auch dann rückt sie sie nicht raus, so daß ausländische Staatsangehörige ihre Pässe nicht verlängern lassen und keine neuen beantragen können, da dafür die Vorlage des alten Passes bei der jeweiligen Botschaft erforderlich ist. So verhindert die Ausländerbehörde selbst auch die freiwillige Ausreise vieler ausländischer Staatsangehöriger. Allerdings haben weder der Regierende noch die „Senatsbeauftragte“ Barbara John die Hintergründe für die Anwesenheit dieser Ausländergruppen jemals hinterfragt. Hätten sie sich vor ihrem Schnellschuß aus der Hüfte einmal mit ExpertInnen beraten, wären sicherlich qualifiziertere öffentliche Verlautbarungen von ihnen zu vernehmen gewesen. Im übrigen entstehen durch das Urteil keine neuen Sozialhilfekosten, da AusländerInnen, die weder freiwillig ausreisen noch abgeschogen werden können, auch bisher schon Sozialhilfeleistungen erhalten, da ihnen die Arbeitsaufnahme verboten ist, sie aber schließlich nicht auf Deutschlands Straßen verhungern können. Rita Kantemir, MdA,

B'90/ Grüne