■ Kreuzschmerzen und wie man sie nicht wegbekommt
: Nieder mit den Keilkissen!

In dem Augenblick, in dem ich dieses hier schreibe, mach' ich ja eigentlich alles noch schlimmer. Okay, natürlich nicht wirklich alles, aber zumindest meine Kreuzschmerzen. Die werden nämlich nicht besser davon, daß man in ungesund gebeugter Haltung über der Computertastatur hängt und Texte wie diesen tippt.

Man darf guten Gewissens behaupten, daß ungefähr 100 Prozent aller Deutschen Kreuzschmerzen haben. Zum Vergleich: nur rund 94 Prozent haben einen Fernseher. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, woher dieses hochprozentige Leiden eigentlich kommt. „Vom falschen Sitzen“, sagt die Krankengymnastin meines Vertrauens. Der deutsche Sitzer, sagt sie, solle sich doch deshalb bitte flächendeckend sogenannte „Sitzbälle“ kaufen, die in ekelerregenden grünen oder pinkfarben Tönen gehalten sind und machen, daß man sowieso lieber steht als sitzt.

Aber wer auf Sitzbällen sitzt, sitzt „gerade“, sagt meine Krankengymnastin. Und wer gerade sitzt, entlastet seine Bandscheiben. Ich habe auch einen Sitzball. Darauf sitze ich allerdings nie gerade, sondern falle vielmehr ständig runter. Das kommt daher, daß Sitzbälle rund sind. Der Mensch ist nicht dafür gemacht, auf runden Dingen zu sitzen, sage ich. „Blödsinn“, sagt meine Krankengymnstin. Dann solle ich mir eben ein Keilkissen kaufen! Ein „Keilkissen“, liebe Leser, ist etwas, das macht, daß man eine Sitzhaltung entwickelt, die einen aussehen läßt wie eine Klobürste im Ständer: Steckensteif! Wenn man gerne steckensteif sitzen will, dann kauft man sich also so ein knochenhartes Keilkissen, setzt sich drauf und merkt dann, daß man plötzlich 24 Zentimeter höher sitzt als vorher, weshalb man mit den Fingern gar nicht mehr an die Computertastatur heran reicht. Das ist doof! Deshalb fristen sogenannte Keilkissen ihr Dasein auch meist in Sanitätsfachgeschäften, wo sie niemals jemand kauft, oder aber in diesen ominösen Lücken zwischen Herd und Küchenschrank, wo sonst eh nichts reinpaßt, außer blöden Keilkissen natürlich.

Wer trotz Keilkissen und Sitzball immer noch Kreuzschmerzen hat, dem erklärt meine Krankengymnastin gerne und ungefragt, daß der Mensch an sich eben sowieso überhaupt nicht zum Sitzen gebaut sei. Nur zum Stehen. Und ab und zu auch mal zum Liegen. Aber selbst das macht man ja ständig falsch. Von ihrem Praxisfenster aus zeigt sie einem dann Leute, die auf der Straße herumlaufen und sich dabei das Kreuz kaputt machen: „Da!“ ruft sie dann: „Die laufen alle gebeugt! Als würden sie am Boden nach Fünfmarkstücken suchen!“ Nach vorne gebeugt zu laufen, ist also erstens nicht gut fürs Kreuz und sieht zweitens geldgierig aus. Das wollen wir nicht. Also versuche ich, aufrecht zu laufen. Ich versuche auch, aufrecht zu liegen. Aber das ist schwer. Aufrecht zu sitzen ebenfalls.

Man kann sich bei Kreuzschmerzen auch massieren lassen. Und wenn man nach Hause kommt, „ist es irgendwie besser, aber noch nicht ganz weg“. Ganz weg geht es nie. Weil zum „ganz weg“ nämlich Sitzbälle gehören und aufrechtes Liegen und Keilkissen.

Und wie Sie schon wieder dasitzen, Leser! Brust raus, Mensch! Zeitung lesen tut man aufrecht! Reicht doch, wenn ich mir beim Tippen den Rücken kaputtmache, da könnten Sie doch wenigstens beim Lesen... Aber das hat Ihnen Ihre Krankengymnastin längst auch erzählt.

Wissen Sie, was das einzig Tröstliche bei der ganzen Sache ist? Daß die Krankengymnastinnen auch Kreuzschmerzen haben! Jawohl! Und wissen Sie auch, warum? Wegen uns! Weil: Wegen uns müssen die sich bei der Massage nämlich immer bücken. Und der Mensch ist nicht gemacht, daß er sich bückt! Ha! Frank M. Ziegler