Enttäuschte Hoffnung

■ Spende an Mölln-Opfer veruntreut? / Ex-Betriebsratsvorsitzender angeklagt

„Türke betrügt Türken“ – die Hoffnung auf eine Überschrift wie diese lockte gestern eine Journalistenschar, allen voran Bild-“Zeitung“ und HH1, ins Amtsgericht am Sievekingplatz. Im Vulgärdeutsch formulierte Amtsrichter Hans-Ulrich T. eine mögliche Tat: Özhan A. ist angeklagt, Spendengelder für die Brandopfer von Mölln veruntreut zu haben.

Im Dezember 1992 soll der seit dreißig Jahren in Deutschland lebende Özhan A. als Betriebsratsvorsitzender die in seiner Arbeitsstelle gesammelte Spende von 1400 Mark für die Hinterbliebenen des Brandanschlags in Mölln nicht an die betroffene Familie Arslan weitergegeben und eine Quittung gefälscht haben. Das bestreitet der Angeklagte jedoch, vier Zeugen, sagt er, könnten seine Unschuld beweisen.

Mit vier Kollegen sei er am zweiten Weihnachtsfeiertag 1992 nach Mölln gefahren und habe dort das Geld in einem Teehaus in der Innenstadt übergeben. Da sie keinen Familienangehörigen persönlich angetroffen hätten, überreichten sie den Umschlag mit Geld dem Teehausbesitzer, der auch Arslan gehießen habe, und bekamen eine Quittung.

A. vermutet hinter der Strafanzeige, die erst mehr als ein Jahr später gestellt wurde, eine Intrige seiner ehemaligen Betriebsratskollegen. Nur wegen dieses Vorwurfs wäre es möglich gewesen, ihn als Betriebsrat Ende 1994 fristlos zu entlassen. Zur Zeit klagt A. deshalb vor dem Arbeitsgericht Hamburg gegen die Kündigung.

So waren viele enttäuschte Gesichter auf der Pressebank zu erblicken, als Richter T. das Verfahren auf unbestimmte Zeit vertagte. Er möchte „vielleicht noch das Urteil des Arbeitsgerichts“ abwarten, um dann in erneuter Verhandlung mit den vier Zeugen des A. zu klären, was sich wirklich zugetragen hat und wo das Geld geblieben ist.

Markus Götte