Eine Woche Tiere gucken

■ Weiterbildung auf dem Sofa: Alles über Impalas und Schopfmakaken

Manchmal hat man ja wenig zu tun und überlegt sich, ob man seine Woche nicht mal unter ein Motto stellen sollte. „Im Fernsehen Tiere gucken“ zum Beispiel. Das ist interessant! Man lernt alles über Eidechsen und Zwei-Zehen-Faultiere, was einen vorher noch nie interessiert hat. Und offensichtlich wollen viele Menschen so etwas lernen, denn irgendwer muß ja diese Flutwellen von Tierreportagen im Fernsehen auch anschauen.

Vor allem in den Dritten Programmen: Was protzen die da mit Katzen, Kojoten und kanadischen Riesen-Kakerlaken. Im WDR zum Beispiel kann man von Montag bis Freitag täglich „Tierleben“ gucken. Um 17 Uhr! Da hüpft das Herz des Motto-Glotzers. Und wer sich die kommende Woche zum Tieregucken aussucht, hat besonderes Glück! So viel freie Wildbahn im Fernsehen war nie!

Heute geht es los: Da zeigt der Südwestfunk den „Flug des Kondors“. Von 20.15 Uhr bis 21 Uhr: Nur weiße Vögel beim Durch-die- Gegend-Flattern! Vielleicht ersetzt damit ja das ZDF seine langweilige Nachtsendung „Die schönsten Bahnstrecken Deutschlands“. Auf TM 3 kann man sich ab 18.25 Uhr „Polarfüchse, Alligatoren und Strumpfbandnattern“ anschauen. Bis 19.15 Uhr. Aber im Prinzip sollte man um 18.45 Uhr schon auf VOX umschalten. Da kommt nämlich „Tierzeit“ mit ekligen Echsen: „Die Drachen von Komodo“. Und die sind ja vermutlich allemal beeindruckender als Strumpfbandnattern! Außerdem wird „Tierzeit“ von Helmut Mülfarth moderiert. Und der hat einen Schnauzbart, der einem immer das schöne Gefühl gibt, man lerne hier zusätzlich auch noch etwas über Walrösser.

Am Sonntag kann man sich ganz der neuen WDR-Reihe „Kluge Tiere“ hingeben und zuschauen, wie Schimpansen (sehr intelligent!) Stöcke benutzen, um Termiten totzuhauen! Ab 23 Uhr erklärt uns N 3 alles über den „kuriosen Alltag des Tiertrainers Joe Bodemann“. Vorher gibt es auf dem gleichen Sender noch „Schauplatz Natur“ mit niedlichen Austernfischern. Wem das nicht reicht, der kann nebenher auf MDR „Namib – das Reich der Wüstenelefanten“ aufzeichnen. Oder um 22.30 Uhr „Tiere machen Leute“. Und für die tierlieben Kleinen gibt's schon um 17.15 Uhr „Muuh“ auf Super RTL, wo Ralph Caspers ihnen so lange alles über Riesenschildkröten erzählt, bis ihnen nachts ein Panzer wächst.

Wem am Montag die Tiere nicht schon zu den Ohren rauskommen, läßt den Sender gleich drin und zieht sich abends „Wildes Leben“ rein. Das Magazin erzählt uns alles Wichtige über den „Ngoro-Ngoro- Kater aus Tansania“! Dabei sollte man aber nicht vergessen, sich ab 20.15 Uhr bei der ARD auch um die abendfüllenden Schopfmakaken in „Abenteuer Zoo“ zu kümmern! Sonst sind sie beleidigt und lassen sich nie wieder filmen.

Am Dienstag erfährt man in der ZDF-„Naturzeit“ alles über die „Kinderstube der Impalas“. Und wer wollte da nicht möglichst viel drüber wissen? Ebenso wie über Kakadus, die man – ebenfalls um 20.15 Uhr – im „Spiel des Lebens“ beim WDR beobachten kann. Am Mittwoch sind die Tier-Dokus leider vergleichsweise dünn gesät. Aber die Programmverantwortlichen gleichen das aus: Bei „Bärbel Schäfer“ auf RTL beispielsweise finden die Talkgäste eine ganze Stunde lang, „Tierversuche müssen nicht sein!“ Und die ARD zeigt um 20.15 Uhr „Die Rättin“!

Am Donnerstag geht's um 13.45 Uhr bei ZDF gleich weiter mit „Die Biene Maja“! Sat.1 protzt mit Hunden bei „Kommissar Rex, Pro 7 zeigt „Beastmaster II“ mit einem Bodybuilder namens Dar, der Falken, Tiger und Waschbären zähmt, und Vox bringt nachts um Viertel nach zwölf noch die „Die Geierwally“! Der Freitag bringt dem Tiersüchtigen noch mal ganz besondere Leckerbissen. „Röhrende Herbstmusik“ heißt es beim WDR sinnlich um 17 Uhr. Untertitel: „Die bedrohten Wapiti-Hirsche und ihre Brunftrituale“. Aber hallo! Und um 23 Uhr: „Die Arche – Das schreckliche Jahr im Zoo von London!“

Und wem das alles noch nicht reicht, der kann sich täglich noch den Kleinvieh-Kick geben! Jeden Nachmittag in der ARD. 16 Uhr: „Fliege“. Das letzte intakte Naturschutzgebiet dieser Erde ist wirklich das Fernsehen! Frank M. Ziegler