Jetzt haben die Umweltschützer Hochwasser

■ Nach den Überschwemmungen an der Oder wird von Ökologen eine erneute Diskussion über den Ausbau von Elbe und Saale gefordert. Bundesverkehrsminister Wissmann zeigt sich stur

Das Oder-Hochwasser bot einen willkommenen Anlaß: BUND, Grüne Liga und Naturschutzbund forderten einmal mehr, sofort alle Flußausbauprojekte zu stoppen. „Vorstellungen des Bundesverkehrsministeriums zum Ausbau von Elbe, Havel und Saale, die teilweise noch auf den Anfang dieses Jahrhunderts zurückgehen, sind damit hoffentlich vom Tisch“, sagt Markus Schrötter von der Grünen Liga.

Doch Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) will davon nichts wissen. Die Ausbauvorhaben, die auch die Flüsse in den östlichen Bundesländern für große Europaschiffe befahrbar machen sollen, würden dem Hochwasserschutz sogar zugute kommen, verlautet es aus dem Ministerium. Schon in wenigen Monaten soll das Raumordnungsverfahren für den Saale-Ausbau beginnen. Die Argumente für die Projekte sind jedoch nicht besser geworden.

„Allein die freien Kapazitäten für den Gütertransport auf den Bahnstrecken parallel zur Elbe sprechen für sich“, sagt Ernst Paul Dörfler, der das Elbe-Projekt des BUND leitet. „Nach Angaben der Bahn AG wäre es möglich, zusätzlich 30.000 bis 65.000 Tonnen Güter täglich zu transportieren.“ Auf der Elbe werden derzeit gerade mal 8.000 Tonnen befördert. Prognosen, wonach in den nächsten Jahren der Bedarf an Kapazitäten für den Gütertransport enorm steigen werde, sind auch aus Sicht vieler Experten kaum haltbar.

220 Millionen Mark sollen allein in den Saale-Ausbau fließen. Dieses Geld sollte besser in den vorbeugenden Hochwasserschutz gesteckt werden, meint Dörfler. Flußbegradigungen und der Bau von Staustufen verschärften nachweislich die Hochwassergefahr, weil die Fließgeschwindigkeit zunimmt. Dörfler verweist auf die Donau, deren Hochwasserscheitelpunkt nach Regenfällen mittlerweile zweieinhalb Tage früher erreicht wird als vor dem Ausbau.

Immerhin wurde mittlerweile zwischen dem Verkehrsministerium und den Umweltverbänden eine „Elbe- Erklärung“ unterzeichnet. Darin heißt es, daß der Elbe-Seitenkanal künftig zur „besseren Alternative für die Schiffahrt“ entwickelt wird. Eine Arbeitsgruppe soll sicherstellen, daß das „derzeitige ökologische Potential der unteren Mittelelbe erhalten bleibt“. Gerettet ist der Fluß damit allerdings nicht. Vor allem im Landkreis Wittenberg wird die Sohle der Elbe immer tiefer; dadurch sinkt der Grundwasserspiegel, was wiederum Fauna und Flora in den Auenwäldern gefährdet. Ursächlich für die Sohleeintiefung sind bauliche Eingriffe am Ufer.

Im Umweltministerium von Sachsen-Anhalt werden unterdessen eine ganze Reihe von Hochwasserschutz-Programmen aufgelegt – Resultat nicht zuletzt der Überschwemmungen von 1994 und 1995. Ähnlich wie jetzt an der Oder stehen im Mittelpunkt die Überflutungsräume. „Zur Lösung von Problemen des Hochwasserschutzes sind Überlegungen zu Deichverlegungen und zur Anlage von grünen Rückhaltebecken im Nebenschluß in den Oberläufen der Gewässer anzustellen“, heißt es in dem Landesprogramm.

Ernst Paul Dörfler vom Elbe- Projekt ist froh über diese Entwicklung. Seine Aktivitäten richten sich jetzt vor allem auf eins: Im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 will er die Ausbauprojekte noch einmal ganz hoch hängen. „Eine andere politische Mehrheit in Bonn“, so meint er, „könnte die Projekte durchaus noch kippen.“