Serbe wegen Völkermords zu lebenslanger Haft verurteilt

■ Nikola Jorgić war an der Ermordung von 30 Muslimen beteiligt. Erstes deutsches Urteil wegen Völkermords

Düsseldorf (taz) – Im Kriegsverbrecherprozeß gegen den 50jährigen bosnischen Serben Nikola Jorgić hat das Düsseldorfer Oberlandesgericht als erstes deutsches Gericht eine Verurteilung zu lebenslanger Haft wegen Völkermord ausgesprochen. Nach 41 Verhandlungstagen hielt der 4. Strafsenat den Angeklagten für „zweifelsfrei überführt“, als Anführer einer Gruppe serbischer Tschetniks an der Ermordung von 30 Muslimen und der schweren Körperverletzung von mehreren hundert Menschen beteiligt gewesen zu sein. Dabei habe Jorgić sowohl selbst gemordet als auch „dem Treiben seiner Leute bei der Ermordung zahlreicher gefangener Zivilisten Vorschub geleistet“, sagte der Senatsvorsitzende Günter Krantz während der zweieinhalbstündigen Urteilsverkündung.

19 Zeugen hatten ihren Peiniger im Gerichtssaal auf Anhieb wiedererkannt. Einem bereits schwer mißhandelten Gefangenen stülpte Jorgić eigenhändig einen Blecheimer über den Kopf, um dann mit einem Holzscheit auf ihn einzuschlagen. Nach Auffassung des Gerichts hat der über 20 Jahre lang im Ruhrgebiet lebende Tschetnik-Führer sich das Ziel der serbischen Nationalisten von einem „ethnisch- reinen Serbengebiet“ zu eigen gemacht. Als „Mittäter und Täter“ habe er die Verbrechen in seiner bosnischen Heimatregion rund um Doboj begangen.

In einem während der Hauptverhandlung gezeigten Video des serbischen Fernsehens hatte sich Jorgić selbst als „auf allen Kriegsschauplätzen bekannter Mann“ gerühmt und an die im Ausland lebenden „Brüder“ appelliert, es ihm gleichzutun und nach Bosnien zu kommen. Ein ihm gewidmetes Heldenlied wurde hin und wieder im serbischen Rundfunk gesendet.

Während die Verteidigung auf Freispruch plädiert hatte, folgte der Senat mit seinem Urteil im wesentlichen den Strafanträgen der Bundesanwaltschaft. Zweifel an der Zulässigkeit der Anklage wies Krantz mit dem Verweis auf das Selbstrechtsprinzip zurück. Danach seien von Ausländern im Ausland begangene Völkermordverbrechen auch vor einem deutschen Gericht anzuklagen, wenn der Internationale Gerichtshof in Den Haag den Fall nicht übernehme. Da das Gericht ausdrücklich feststellte, daß seine Schuld „besonders schwer“ wiege, scheidet die bei lebenslang Verurteilten übliche Entlassung nach 15 Jahren aus. Die Verteidigung will in die Revision gehen. Walter Jakobs