Gabčikovo bleibt umstritten

■ Nach dem Urteil zum Donaukraftwerk sieht sich die Slowakei als Siegerin über Ungarn

Berlin (taz) – Eine Einigung im slowakisch-ungarischen Streit um das Donaukraftwerk Gabčikovo ist vorerst nicht in Sicht. So lautet das Fazit der ersten Stellungnahmen, die Politiker in der Slowakei und Ungarn zum Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag vom Donnerstag abgaben.

Die Richter in Den Haag hatten entschieden, daß sowohl Ungarn als auch die Slowakei in dem Streit internationales Recht gebrochen hätten. Ungarn hätte 1989 den tschechoslowakisch-ungarischen Staatsvertrag über den Bau der Staustufen bei Gabčikovo und Nagymaros nicht kündigen dürfen. Die Slowakei hingegen habe widerrechtlich gehandelt, als sie Gabčikovo einseitig fertigstellte und die Donau hinter der slowakischen Hauptstadt Bratislava umleitete.

Die slowakische Regierung präsentierte sich nach dem Urteil als Siegerin des Prozesses. Eine Regierungssprecherin sagte, die Slowakei hoffe, daß Ungarn sich nun an den Kosten des Staudamm- und Wasserkraftprojektes beteilige und die beiden Länder die Donau in Zukunft gemeinsam wirtschaftlich nutzen würden. Davon, daß in das alte Donaubett künftig wieder mehr Wasser geleitet wird, um die Donau-Auwälder vor dem Austrocknen zu bewahren, war nicht die Rede. Oppositionspolitiker bezweifelten angesichts der Reaktion der Regierung, daß diese in der Lage sei, Kompromißverhandlungen mit Ungarn zu führen, wie es das Den Haager Urteil vorsieht.

In Ungarn hingegen kommentierten Politiker das Urteil zurückhaltend. Gestern traf sich der ungarische Ministerpräsident Gyula Horn mit den Partei- und Fraktionschefs; am Montag will Horn vor dem Parlament sprechen. Es ist jedoch wenig wahrscheinlich, daß Ungarn sich jetzt an Gabčikovo beteiligt oder einen Neueinstieg in Nagymaros finanziert. Alle Vorarbeiten für die einst geplante Staustufe in Nagymaros sind bereits wieder rückgängig gemacht worden, und der Druck von Umweltschützern gegen das Projekt ist in Ungarn noch immer groß. Es war unter anderem die Anti-Nagymaros-Bewegung, die 1989 den Sturz der Kommunisten mit ausgelöst hatte. Eine Beteiligung an Gabčikovo ohne ökologische Problemlösungen oder ein Neueinstieg in das Nagymaros-Projekt kommen für die regierenden Ex-Kommunisten deshalb kaum in Frage. KV