Das Portrait
: Der Friedenspilot des Nahen Ostens

■ Abe J. Nathan

Abe J. Nathan, 70, erhält den Nürnberger Menschenrechtspreis Foto: Günther Wittmann

„Mein Land hat mir keinen Preis gegeben, mein Land hat mich ins Gefängnis gesteckt.“ So richtig freuen kann sich der 70jährige Abe J.Nathan nicht darüber, daß er am Sonntag zusammen mit dem Tunesier Khemais Chammari den Internationalen Menschenrechtspreis der Stadt Nürnberg erhält. Lieber würde er in seiner Heimatstadt Tel Aviv für sein Engagement zur israelisch- arabischen Verständigung ausgezeichnet worden. Doch die Zeit ist nicht danach, die israelische Regierung bevorzugt eine Politik der Stärke. Nathan dagegen plädiert für den Dialog als „einziges Mittel zur Konfliktlösung“.

Nathan wurde im Iran geboren, wuchs in Indien auf und ging als Erwachsener nach Israel. Als Pilot der Luftwaffe nahm er 1948 am israelischen Unabhängigkeitskrieg und bombardierte Dörfer im Norden Palästinas. Nach einem Schockerlebnis – Armeeangehörige zeigten ihm die Folgen der Bombardements – quittierte Nathan den Dienst: „Das konnte nicht der richtige Weg sein.“ Er flog Zivilflugzeuge für die El-Al und eröffnete in Tel Aviv ein Restaurant. Dort, im „California“, entstand die Idee, die ihn 1966 weltweit in die Schlagzeilen brachte. Mit einem Doppeldecker, auf dessen Rumpf er in englisch, hebräisch und arabisch das Wort „Frieden“ gemalt hatte, flog er unter dem Radar hindurch von Tel Aviv nach Port Said: „Ich wollte den ersten Schritt zur Annäherung machen.“

Die Ägypter schickten ihn zurück, und die israelischen Behörden ermittelten wegen unerlaubter Ausreise in ein arabisches Land. Die Bevölkerung Tel Avivs bereitete dem „Friedenspiloten“ dagegen einen triumphalen Empfang. Fortan nutzte Nathan seine Popularität: Er konferierte mit dem Papst in Rom und mit Robert Kennedy in Washington, startete Hilfsaktionen für Biafra, Nicaragua, Kambodscha und zuletzt für Ruanda und Bosnien. Stets verstand er sich als Einzelkämpfer und reihte über die Jahre eine Aktion an die andere: Er hungerte gegen die israelische Siedlungspolitik, organisierte Friedensmärsche und betrieb auf einem Schiff den Piratensender „Voice of Peace“. Mehrmals ging er ins Gefängnis, weil er sich ohne Genehmigung mit Jassir Arafat getroffen hatte. Im Oktober 1996 erlitt Nathan einen Schlaganfall, der den agilen Kämpfer zu einem kranken Mann gemacht hat. Nun wird er für sein Lebenswerk geehrt. Bernd Siegler