NRW-Justiz verprellt ehrenamtliche Knasthelfer

■ Datenschutzbeauftragte rügt die schärferen Sicherheitsbestimmungen heftig

Düsseldorf (taz) – Eine verschärfte Sicherheitsüberprüfung sorgt bei den ehrenamtlichen Knastbetreuern in Nordrhein- Westfalen für Unruhe. Diese Art „Schnüffelei“ führt nach den Worten von P. Günter Danek, Sprecher der Betreuer in NRW, „immer häufiger“ zu einem Rückzug der Ehrenamtlichen aus der Gefängnisarbeit. So stünden etwa in Wuppertal viele Gefangene mit Suchtproblemen inzwischen weitgehend alleine da, weil ihren Kontaktpersonen von draußen die neue Sicherheitsüberprüfung zu weit gehe. Danek will die Landesregierung nun verklagen. Selbst Bayern handhabe „die Überprüfung liberaler“. Während es früher reichte, eine Seite mit den üblichen Personalangaben und Aussagen über Vorstrafen auszufüllen, müssen die Betreuer seit dem 12. April 1995 auf vier Seiten auch die persönlichen Verhältnisse ihrer Lebenspartner offenbaren. Neu sind auch die Fragen zur Berufstätigkeit und zur finanziellen Situation der Ehrenamtlichen. Nach Darstellung des Düsseldorfer Justizministeriums schreibt das noch von der SPD-Alleinregierung Anfang 1995 verabschiedete Sicherheitsüberprüfungsgesetz das jetzt praktizierte Verfahren vor. Da die ehrenamtlichen Betreuer sich auch innerhalb der Haftanstalten bewegten, so Justizsprecher Dieter Wendorff, sei der „sicherheitsempfindliche Bereich“ tangiert. Auf eine Überprüfung könne deshalb nicht verzichtet werden.

Die Landesbeauftragte für den Datenschutz, Bettina Sokol, sieht das anders. In einem Schreiben an den Landesverband der „Humanistischen Union“ (HU) in Essen vom 22. Juli dieses Jahres heißt es wörtlich, daß aus Sicht der Datenschutzbehörde „derzeit für die Sicherheitsüberprüfungen der ehrenamtlich Tätigen im Strafvollzug eine Rechtsgrundlage nicht vorhanden ist“.

Die Strafvollzugsexperten der HU wären schon froh, wenn die alte Überprüfungspraxis wiederaufgenommen würde. Eine „Korrektur“ hält Norbert Reichling von der HU auch im Interesse der Justiz für „dringend erforderlich“. Durch den jetzigen Modus riskiere der Minister die „Demotivierung oder Abschreckung des unentbehrlichen freien Engagements“ in den Strafanstalten. Während das Justizministerium im vergangenen Jahr noch offiziell mitteilte, daß die Gesetzeslage die neue Befragung „zwingend“ erforderlich mache, um „sicherheitsrelevanten Schwachstellen entgegenzuwirken“, scheint der Justizminister inzwischen für eine Änderung zumindest offen zu sein.

Das ist jedenfalls der Eindruck des grünen Regierungsflügels, der auf eine schnelle Änderung der Vorschrift drängt. „Wir sind völlig gegen diese Sicherheitsüberprüfungen“, sagt Stefan Zacharias, Referent der grünen Landtagsfraktion. Die Befragung sei „geradezu absurd“. Wenn das existierende Gesetz keine liberalere Auslegung zulasse, so Zacharias, „dann muß es geändert werden“.

Nach Auffassung der HU ist diese zeitraubende Prozedur gar nicht nötig, da das Gesetz den Behörden ausdrücklich die Möglichkeit einräume, von der Sicherheitsüberprüfung bei Personen abzusehen, wenn „Art und Dauer der Tätigkeit dies zulassen“. Die Anwendung dieser Ausnahmeregelung sei von der rot-grünen Landesregierung schlicht „ausgehebelt worden“, meint die HU. Walter Jakobs