Erfolg für Norwegens Haider

■ Bei den norwegischen Parlamentswahlen ist die fremdenfeindliche Rechtspartei von Carl I. Hagen zweitstärkste Kraft geworden. Christdemokraten wollen Regierung bilden

Oslo (taz) – Aus den norwegischen Parlamentswahlen vom Montag ist die Fortschrittspartei des Rechtspopulisten Carl Ivar Hagen als eigentlicher Gewinner hervorgegangen. Mit 15,3 Prozent wurde die Partei zur zweitstärksten politischen Kraft des Landes. Die politische Situation ist nach den Wahlen desolat: Drei kleine Mitteparteien wollen eine Regierung bilden, die sich selbst nur auf ein Viertel der Parlamentsmandate stützen kann. Um regieren zu können, wird diese Koalition auf das Wohlwollen der Opposition angewiesen sein, auch auf Hagen und seine Fortschrittspartei.

Stärkste Fraktion bleibt mit 65 Sitzen die sozialdemokratische Arbeiterpartei des bisherigen Ministerpräsidenten Thorbjörn Jagland. Sie erhielt 35,2 Prozent der Stimmen, das sind 1,7 Prozentpunkte weniger, als Jaglands Vorgängerin Gro Harlem Brundtland vor vier Jahren erzielte. Jagland hatte mit Rücktritt gedroht, sollte seine Partei das damalige Ergebnis verfehlen – und stolperte nun über seine eigene Taktik, zweifelnde WählerInnen dadurch für die Arbeiterpartei zu gewinnen. Gestern hielt er sein Versprechen und kündigte seinen Abgang an.

Hagen hat bereits erklärt, eine Koalition von Christdemokraten, Zentrum und Liberalen unter Führung des Christdemokraten Kjell Magne Bondevik unterstützen zu wollen. Die drei Parteien kommen gemeinsam auf 42 Sitze, die Fortschrittspartei auf 25, die Konservativen auf 23. Insgesamt gehören dem Storting 165 Abgeordnete an. Die derzeit einzig rechnerisch mögliche Mehrheit, eine große Koalition aus Arbeiterpartei und Konservativen, gilt aufgrund der großen ideologischen Differenzen als ausgeschlossen.

Hagen, der die Fortschrittspartei seit 1978 leitet, hatte im Kommunalwahlkampf 1995 mit extrem ausländerfeindlichen Parolen einen guten Schnitt gemacht. Beim diesjährigen Wahlkampf konzentrierte er sich darauf, die allgemeine Enttäuschung über mangelnde Sozialleistungen trotz steigender Erdöleinnahmen aufzugreifen. Als guter Rhetoriker mit einfachen Botschaften von Steuererleicherung bis Flüchtlingstopp kommt der 53jährige bei den Wählern an.

Zwar erzielte er nicht das Rekordergebnis von über 20 Prozent, das Meinungsumfragen noch vor einigen Wochen vorhergesagt hatten. Aber immerhin konnte er seinen Stimmenanteil gegenüber 1993 mehr als verdoppeln. Das hat vor allem bei Ausländern Erschrecken ausgelöst. Khalid Salimi, Leiter des Antirassistischen Zentrums in Oslo: „Das ist ein klarer Ausdruck dafür, wie Norwegens Bevölkerung mehr und mehr fremdenfeindlich geworden ist.“ Und keine der großen Parteien habe gewagt, Hagens Propaganda entschlossen entgegenzutreten.

Der Wahlerfolg der Fortschrittspartei wird dazu führen, daß zum ersten Mal seit 50 Jahren der Frauenanteil im Parlament nicht anwächst, sondern deutlich absinkt. Die 25 Abgeordnete, die Hagens Partei ins Parlament schicken darf, sind allesamt Männer. Reinhard Wolff