Ökologisch modisch

■ Ökomode wird neu definiert: Weg von Schlabberhosen und Wollsocken, hin zu langlebiger Kleidung im Stile Sanders und Armanis. Biogarne müssen für alle erschwinglich werden

Was für eine Knute! Kleiderständer befolgen demutsvoll die kleinsten Anordnungen, erlassen von selbsternannten Diktatoren, die halbjährlich abstimmen, was dieses Jahr modisch ist, was „in“ und was „out“. Ob Modefarbe, Schnittmuster oder Stil, was gestern noch pfui war, ist heute schon hui. Denn Kleider machen Leute. Aber Mode ist auch das Bedürfnis nach Schönheit, sich wohl zu fühlen in seiner Haut und der Wunsch nach Stil. Heutige Massenmode ist schnellebig, häufig unbequem – und mit Sicherheit nicht ökologisch.

Tatsächlich ökologisch hergestellte Kleidung hingegen hat immer noch den Beigeschmack vom Look aus „Sack und Asche“. „Natürlich kann die Ökomode nicht jeden Trend mitmachen“, so Björn Eschner, Geschäftsführer bei Living Crafts und Vorsitzender des Arbeitskreises Naturtextil (AKN). Ökomode habe bisher deshalb so einen schlechten Ruf gehabt, weil sich die meist sehr kleinen Herstellerfirmen aus finanziellen Gründen keine eigene Kollektion leisten konnten. „Living Crafts hat sich deshalb auf eine klassische Kollektion in den Farben Marine, Rohweiß, Schwarz und Grau eingestellt“, erläutert Eschner.

Top-Designer wie Armani und Jil Sander sind durchaus Vorbilder, die Farben und Formen sind vielfältig kombinierbar. Billige Modegags strebe er schon allein aus qualitativen Gründen nicht an, von den sozioökonomischen ganz zu schweigen. „Den Twen erreichen wir damit natürlich nicht“, gibt Eschner zu, „aber wir produzieren eben auch keine Wegschmeißmode.“

Twens könnten sich die Sachen wahrscheinlich sowieso nicht leisten. Preislich liegen die Kleidungsstücke im oberen Niveau, bedingt durch kleine Auflage, aufwendige Verarbeitung und ökologisch angebaute Baumwolle, heißt es.

Patrick Hohmann, Geschäftsführer der Schweizer Firma Remei AG, will diesem Gedanken nur teilweise folgen. Biogarn könne schließlich nicht nur für die exklusiven Produkte einer umweltbewußten Elite verwendet werden, sondern müsse auch für andere Bevölkerungsschichten zugänglich sein. Hohmann vertreibt deshalb unter anderem mit der Schweizer Handelskette Coop zusammen Unterwäsche und Oberbekleidung aus Biobaumwolle, die in Indien eigens dafür angebaut wird.

Preislich kann seine Ware durchaus mit der konventionellen konkurrieren. „Unsere Zielgruppe sind junge, umweltsensible und qualitätsbewußte Menschen“, erklärt Hohmann. Aber auch er ist sich bewußt, daß es auf diesem Markt noch viel zu tun gibt. Nur fünf Prozent seiner Baumwolle stamme bisher aus ökologischem Anbau, sein Traum sei, die gesamte Produktion umzustellen. Vorerst aber begnügt er sich damit, eventuell die Häuser Waschbär und Otto mit seiner Kleidung zu beliefern.

Von der Not der kleinen Kollektionen weiß auch die bayerische Firma Color Connection zu berichten. „Modischen Schnickschnack können wir uns nicht leisten, unser Ziel ist tragbare Alltagskleidung“, so Connection-Sprecher Gerhard Sitzmann. Sie wären schon froh, sich so am Markt halten zu können.

Peter von Lobenthal, Geschäftsführer des Berliner Hanfhauses, ist ähnlicher Auffassung: „Wir müssen die Faser Hanf dem Verbraucher erst mal näherbringen, an modische Gestaltung ist da noch nicht zu denken“, meint er schulterzuckend. Sie wären schon froh, den Standard Öko-Tex 100 halten zu können, aufwendige Färbungen wären da gar nicht denkbar. „Einzig für die Jugend, die Skater, stellen wir jetzt Jeans mit weitem Schnitt her“, schmunzelt Lobenthal.

Das Problem dieser jungen Firmen hat der Versandgigant von Naturkleidung, hess natur, nicht. Harald Fey erläutert den Unterschied zwischen dem Modebegriff herkömmlicher Kollektionen und der Ökomode: „Die Ökomode geht vom Rohstoff aus, und sieht, was daraus machbar ist. Die normale Mode geht vom Design aus, und läßt dafür ein Material herstellen.“ Meist natürlich auf Kosten der Umwelt. Deshalb mache hess natur den Moderummel nicht mit. „Vielmehr konzentrieren wir uns auf Evergreens wie Radlerhosen, T-Shirts, und Leggings.“ Entscheidend sei, daß es „ein sinnvoll kombinierbares Kleidungsstück ist“, so Fey. Diese Long-Life-Collection werde in verschiedenen Farben hergestellt, und der Kunde könne sicher sein, daß er auch in drei Jahren noch die gleiche Hose bekomme. Fey: „Hat man erst einmal erkannt was für ein Typ man ist, muß man nicht mehr kurzfristig die Mode wechseln.“ Natürlich entscheide letztlich der Verbraucher, ob er seine Kleidung vom Wühltisch hole oder qualitativ hochwertige Ware bevorzuge. Das aber entscheidet wahrscheinlich häufiger der Geldbeutel, als das Umweltbewußtsein. Eva Blank