PKK: Verurteilung nach Absprache

Verhandlungen mit PKK-Chef Öcalan brachten schnelles Prozeßende. Gericht verteidigt Deal mit Verteidigung und Bundesanwaltschaft. Anwälte hoffen auf Signalwirkung  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Im Düsseldorfer Kurdenprozeß hat der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts gestern entsprechend der zuvor mit allen Prozeßparteien getroffenen Vereinbarung geurteilt: Es verhängte gegen Haidar Ergül (41) fünf Jahre und neun Monate, während der Mitangeklagte Nihat Asut (35) mit fünf Jahren davonkam. Nach Auffassung des Gerichts hat die Beweisaufnahme „zweifelsfrei“ erbracht, daß die beiden hohen Funktionäre der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) ihnen nachgeordneten PKK-Aktivisten den Auftrag für mehr als zwei Dutzend Anschläge auf türkische Einrichtungnen im Jahre 1993 erteilt haben. Dabei hätten sich beide, so der Senatsvorsitzende Ottmar Breidling in seiner Urteilsbegründung, „in rücksichtsloser Weise der Befehlstreue“ der späteren Täter bedient.

Als zwei von fünf Gebietsleitern der PKK in Deutschland, gehörten die Verurteilten dem Gericht zufolge dem PKK-Führungsgremium in Europa, der „Europäischen Frontzentrale“, an. Von hier aus sei die Anschlagsserie auf türkische Bankfilialen, Konsulate und Reisebüros 1993 dirigiert worden.

Strafmildernd wertete der Senat das Prozeßverhalten der Angeklagten, das letztlich zu der „Verständigung“ zwischen allen Beteiligten geführt habe. Zu dem „verfahrensbeendenden“ Deal zwischen Bundesanwaltschaft, Senat und Angeklagten gehörte, daß der Vorwurf der Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung fallengelassen wurde. Die Angeklagten räumten in einem vom Senat verabredungsgemäß abgefangenen Brief aus dem Knast ein, innerhalb der PKK „Verantwortung“ ausgeübt zu haben.

Daß es zu dem Deal kam, geht unmittelbar auf Öcalan selbst zurück. Über einen Mittelsmann nahm der allmächtige PKK-Chef Kontakt zur Bundesanwaltschaft auf und bekundete sein Interesse an einem schnellen Prozeßende. Seine Emissäre führten dazu auch Gespräche mit den Angeklagten im Knast. Im Kern geht es Öcalan offenbar darum, durch eine Vielzahl von Deeskalationssignalen den Boden für die Aufhebung des PKK-Verbots in Deutschland zu bereiten. Immer wieder hatte er in den letzten Monaten im Zusammenhang mit der Anschlagsserie in Deutschland „Fehler“ eingeräumt und versichert, daß „wir keine Gewalt mehr anwenden und die Gesetze beachten“.

Diesen Erklärungen schlossen sich die beiden Angeklagten per Brief an. Die im Gericht verlesenen Briefe seien zwar kein Geständnis, sagte Breidling, aber doch ein „unübersehbarer Beleg“ dafür, daß die Angeklagten an den Gewaltakten an führender Stelle beteiligt gewesen seien. Gleichzeitig sei durch die Briefe deutlich geworden, daß beide „der Gewalt abgeschworen haben“.

Angeklagte und Bundesanwaltschaft kündigten an, auf ein Revisionsverfahren zu verzichten. Schon in wenigen Monaten kommen beide frei, weil sie unter Anrechnung der U-Haft dann ihre Strafe zur Hälfte verbüßt haben. Rechtsanwalt Carl Heydenreich hofft nun, daß von Düsseldorf auch ein „Signal für die Folgeverfahren ausgeht“. In Celle wartet beispielsweise der „Europasprecher“ der PKK, Kani Yilmaz, auf seinen Prozeß. Im übrigen sei nun die deutsche Politik gefordert, so Heydenreich, „daß das PKK-Verbot schnellstmöglich aufgehoben wird“.