Vor Häuserkampf in Karlsruhe?

■ Den letzten besetzten Häusern in Baden-Württemberg droht die Räumung. Ersatzangebot gilt als unzureichend

Noch versucht die Stadt Karlsruhe, die Eskalation zu verhindern. Doch die Räumungsfrist für die knapp 60 Bewohner der Häuser Stephanienstraße 60 bis 64, der letzten besetzten Häuser in Baden- Württemberg, läuft in der Nacht zum Mittwoch ab. Wenn es in letzter Minute nicht zu einer Verhandlungslösung oder einer Fristverlängerung kommt, kann der Eigentümer die gewaltsame Räumung veranlassen. Und dann wird die Polizei es nicht nur mit 60 Leuten zu tun haben. Denn am Samstag kamen 800 UnterstützerInnen aus dem In- und Ausland zu einer Demonstration nach Karlsruhe – ein Teil blieb gleich da.

Zwölf Jahre lang ließ die Evangelische Stadtmission die zum Teil unbewohnbar gewordenen Häuser in der Stephanienstraße leerstehen: Vor sieben Jahren wurden sie besetzt, instand gesetzt und unter dem Namen „Steffi“ zu einem Zentrum für alternative Lebensformen. Sie sind zugleich Anlaufstelle für Obdachlose, Straßenkinder oder Asylbewerber. So bieten die Steffi-Bewohner Obdachlosen im Winter einmal pro Woche eine warme Mahlzeit. Die Bedeutung dieser sozialen Arbeit wird nicht zuletzt vom städtischen Jugendamt anerkannt. Aber die Evangelische Stadtmission war nicht einmal zu Gesprächen über die Zukunft der Gebäude bereit. Die Besetzer hätten sich nämlich auch den Kauf der Immobilien vorstellen können.

Jetzt sollen die Häuser einem Neubau weichen. Die Stadtmission will Seniorenwohnungen einrichten; eine Etage soll gewerblich genutzt werden. Karlsruhes Sozialbürgermeister Norbert Vöhringer hat den Steffi-Leuten alternativen Wohnraum hinter dem Hauptbahnhof angeboten. Zu klein und räumlich ungeeignet, sagen die Besetzer. So fehle Platz für einen Versammlungsraum. „Und wir sollen dann entscheiden, wer dort einziehen darf“, sagt Steffi-Sprecher Kai Schmidt, „diese Art von Selektion kann man nicht von uns verlangen.“

Doch das Gelände hinter dem Bahnhof bietet viele Möglichkeiten. Die Besetzer hoffen deshalb, daß das Raumangebot verbessert wird. Andererseits befürchten sie, daß sie „unter dem Druck einer Armee von Polizei und der ultimativ angedrohten Räumung gezwungen werden sollen, ein unzureichendes Angebot anzunehmen“. Hermann G. Abmayr