Berlin haßt Marlene

■ Der späte Triumph der ungeliebten Dietrich

Der Name klingt schon reichlich befremdlich: Kaiser-Wilhelm-Platz. Aber noch befremdlicher ist dieser Berliner Platz selbst. Ein kleiner grüner Zwickel ist's, auf dem ein paar kränkelnde Bäume samt einigen desolaten Parkbänken ihr Dasein fristen. Eine große Tafel listet mahnend die Namen der deutschen Konzentrationslager auf. Diesen Platz wollte die Schöneberger SPD Marlene Dietrich zueignen. Das war nicht als weitere Infamie gegen den Weltstar gedacht, ganz im Gegenteil. Aber nicht einmal dieses Hundeklo wollten ihr die Schöneberger in ihrem Heimatbezirk gönnen. Bei der Anhörung fragte ein Bürger, „für welche Verdienste die Frau eigentlich geehrt werden soll“. Berlin haßt Marlene.

Aber nun triumphiert die Dietrich zu guter Letzt doch. Nicht über Berlin, aber in Berlin. Sie bekommt ihren Platz. Einen richtig schönen Platz, im schicksten und teuersten Neubaugebiet der deutschen Hauptstadt, nahe dem geplanten Musicaltheater am Potsdamer Platz. Das haben die Abgeordneten des Bezirks Tiergarten jetzt einstimmig beschlossen. Hier soll auch die Stiftung Deutsche Kinemathek ihr Filmmuseum erhalten, in dem inzwischen der Nachlaß der Diva aufgearbeitet wird. Man erinnere sich. Der Berliner Senat, der gerade das Schiller Theater eingespart hatte, tat sich erst einmal schwer. Er hätte das Lied vom Koffer in Berlin gern umgeschrieben: Da haben wir mal ein paar Koffer in Paris vergessen. Und in ihnen die Uniform der U.S. Army, in der Dietrich mit den siegreichen GIs nach Deutschland zurückkehrte, politisch anständig geblieben. Während der Star die Verfolgung unschuldiger Menschen eine „verhaßte Tat“ nannte, finden die Berliner bis heute in großen Teilen vor allem diese Rückkehr hassenswert.

Mit dieser Haltung wurde die Platzfrage der Marlene Dietrich tatsächlich „A foreign Affair“, wie einer ihrer Filme mit einem anderen Berlin- Flüchtling, dem Regisseur Billy Wilder, hieß. Und deshalb wird mit der jetzt gefallenen Entscheidung Bausenator Jürgen Klemann (CDU) vorsorglich davor gewarnt, den Beschluß noch einmal aufzuheben. Das Ansehen Berlins würde sonst weiter weltweiten Schaden nehmen. Da müßten auch die Feinde der Dietrich, die ja dennoch Freunde der Stadt sein können, eigentlich ein Einsehen haben. Und dann wird alles gut. Brigitte Werneburg