Zehn Jahre Studium sollen genügen

Innenminister Kanther will ausländischen Studenten Studienort BRD vermiesen. Hochschulpolitiker befürchten nun eine weitere Provinzialisierung der deutschen Wissenschaftsszene  ■ Von Vera Gaserow

Berlin (taz) – Bundesinnenminister Kanther will ausländischen Studierenden den Studienstandort Deutschland vermiesen. Neue Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz sollen die Hürden für ein Studium an deutschen Universitäten höherschrauben. Ein entsprechender Entwurf aus dem Hause Kanther vom 26. Juni dieses Jahres sieht vor allem in zwei wichtigen Bereichen Verschlechterungen für Ausländer an deutschen Hochschulen vor: bei der Studienlänge und bei der Möglichkeit, während des Studiums zu jobben.

Aufenthaltsbewilligungen für Studierende aus dem Ausland sollen danach nur noch auf ein Jahr befristet werden. Bisher galt in vielen Bundesländern eine Zweijahresfrist. Verlängern soll die Ausländerbehörde den Aufenthalt nur noch, wenn die ausländischen Studiosi die durchschnittliche Studiendauer ihres Faches nicht um mehr als drei Semester überschritten haben.

In der Praxis wurde diese Spanne bislang deutlich weiter gefaßt. Ein Studienfachwechsel soll nach den Plänen Kanthers nur noch innerhalb der ersten drei Semester erlaubt sein.

Die zulässige Gesamtaufenthaltsdauer in Deutschland – inklusive Sprachkurs, Studienvorbereitung und Anschlußstudium an die erste Ausbildung – soll auf zehn Jahre beschränkt werden. Ein Zweitstudium, wichtig für viele Entwicklungshilfeprojekte, oder eine Facharztausbildung sind in dieser Zeitspanne kaum zu schaffen. Auch Aufbau- und Ergänzungsstudium, Promotion und Habilitation sollen, sofern sie außerhalb der Zehnjahresfrist absolviert würden, Ausnahmen werden.

Regelmäßiges Jobben soll ausländischen StudentInnen nur noch in den Semesterferien oder als Hilfskraft an der eigenen Hochschule erlaubt sein. Der nächtliche Kneipenjob oder die Taxischicht wären damit für ausländische Studierende illegal. Kanthers Entwurf schreibt fest, was bisher nur „Anwendungshinweise“ zum Ausländergesetz waren. Weil die Regelungen nicht als Verwaltungsvorschrift formuliert waren, hatten die Bundesländer breite Ermessensspielräume, die etliche Länder in der Praxis auch für eine liberale Verfahrensweise nutzten.

Kanthers neuer Entwurf stößt allerdings auch in Bonn auf massive Kritik. Außen-, Bildungs- und Entwicklungshilfeministerium fürchten sowohl um den Wissenschaftsstandort Deutschland als auch um einen wichtigen Pfeiler der Entwicklungshilfe.

Auch aus den Bundesländern und bei der Hochschulrektorenkonferenz regt sich Protest. Dort bemüht man sich gerade, die bisher schon als zu restriktiv geltenden Auflagen des Ausländergesetzes zu lockern, um die sinkende Attraktivität des Studienorts Deutschland für Studierende und Akademiker aus anderen Ländern zu steigern. Hochschulpolitiker befürchten, die deutschen Universitäten könnten andernfalls in Provinzialität absinken und auf dem internationalen Parkett gänzlich den Anschluß an Wissenschaft und Forschung verlieren. Eine interministerielle Arbeitsgruppe Ausländerstudium wird deshalb zu dem Entwurf aus dem Hause Kanther Gegenvorschläge vorlegen.