Edler Tropfen aus Genossenhand

■ „Vier Jahreszeiten“, eine der ältesten Winzer-Genossenschaften der Welt, setzt auf Qualitätsweine

Frankfurt/M. (taz) – „Hier müßte ich eigentlich einen mit einem Gewehr hinstellen“, sagt Curt Christian Stoffel, Geschäftsführer der Vier Jahreszeiten Winzer e.G. in Bad Dürkheim. Acht Meter unter Straßenniveau, im tiefen Gewölbe, lächelt Kellermeister Walter Brahner verschmitzt und streichelt dabei liebevoll eines der 250-Liter-Fässer mit der eingebrannten Aufschrift: „Mercier F.“

In den handgefertigten Eichenholzfässern aus Frankreich lagert der ganze Stolz von Stoffel, Brahner und 199 Genossen, die der Vier Jahreszeiten Winzer e.G. angehören: ein 1996er Dornfelder, der sich nach seiner Abfüllung in Bordeauxflaschen „Barrique“ nennen darf. Ein Rotwein mit Barrique- Qualität ist in deutschen Landen noch immer eine Rarität. Und in Bad Dürkheim eine erschwingliche dazu. Nur knapp 20 Mark müssen laut Preisliste für die 0,7-Liter- Flasche Dornfelder Barrique Jahrgang 1995 bezahlt werden. Die Sache hat nur einen Haken: Es gibt keine einzige mehr.

Die Vier Jahreszeiten Winzer e.G. ist eine der ältesten Winzergenossenschaften der Welt – aber auch eine der innovativsten der gesamten Pfalz. Stoffel und sein Kellermeister sind davon überzeugt, daß heute „Qualität klar vor Quantität“ rangieren müsse. Und daß auch eine Genossenschaft, die im Jahre 2000 hundert Jahre alt wird, am Markt nur dann eine Überlebenschance habe, wenn sie „permanent zum Wandel bereit“ sei. Die Einführung der Barrique- Qualität ist eine Innovation der Genossenschaft. Die Entwicklung neuer Flaschen (Bordeaux) und vor allem neuer Etiketten eine andere. Das „J“ der goldenen Aufschrift „Vier Jahreszeiten“ etwa auf den in verschiedenen violetten Farbnuancen gestalteten Etiketten für die Rotweine der Genossenschaft erinnert an einen Notenschlüssel. „Vier Jahreszeiten – da denkt man doch an Vivaldi“, meint Stoffel. Und gute Musik und guter Wein gehörten einfach zusammen.

Die Umsätze der Genossenschaft sind in den letzten Jahren gestiegen, die Preise für ihre qualitativ immer höher stehenden Weine auch. Und damit auch die Anteile am erwirtschafteten Gewinn für die GenossInnen und ihre Familien, die nach einem komplizierten Schlüssel berechnet werden. Erstaunlich, daß eine Erzeuger- und Produktionsgenossenschaft mit 350 Hektar Ertragsrebfläche und 199 Mitgliedsbetrieben in sieben Kommunen rund um Bad Dürkheim nicht zu unflexibel ist, um schnell auf Marktentwicklungen zu reagieren. Die Meinungsbildung sei manchmal schon kompliziert, gibt Stoffel zu. Doch wenn auf einer Vollversammlung eine Entscheidung gefallen sei, werde sie auch „zu hundert Prozent von allen Genossen mitgetragen“. Der monatelange Diskussionsprozeß verhindere zudem grobe Fehlentscheidungen: „Der Patrone mit seinen einsamen Entscheidungen kann sich irren. Die 199 Genossen irren sich nach langen Debatten bei ihren Entscheidungen eher selten.“ Genauso wie bei der taz. Klaus-Peter Klingelschmitt