Kommentar: Riefenstahl for sale

Eine Riefenstahl-Ausstellung in Deutschland. Das hätte spannend werden können, denn um Leni Riefenstahl kreisen veritable Fragen. Hat sie eine „faschistische Ästhetik“erfunden? Wie konnte sie als Frau im NS-Patriarchat reüssieren? Welche Rolle spielt sie in der postmodernen Medienwelt, die ihre Bildsprache in der Fotografie, in den Musikclips und in der Werbung permanent zitiert?

Ein Museum hätte vielleicht Antworten liefern können. Nicht aber die Galerie Schlüter, die diesen Monat fotografische Arbeiten Riefenstahls zeigt. Der Ausstellung geht es nicht um Aufklärung, sondern ums Geschäft . Die Ambitionen des Herrn Schlüter scheinen klar: Er will seine Galerie promoten, er will ein wenig „shocking“sein, und er will Geld verdienen. Die Ambitionen der Frau Riefenstahl scheinen ebenfalls klar: Sie will ihre Fotos am Kunstmarkt plazieren (in ihrem Archiv liegen noch hunderte mehr), sie will die Sammler mit moderaten Preisen anfixen, und sie will die große Debatte um ihre Person durch einen kleinen Veranstaltungsort vermeiden.

Dieses Geschäft ist elend. Aber warum sollten Riefenstahl und Schlüter bessere Menschen sein als die Kioskbesitzer am Obersalzberg, die den Touristen fröhlich Gummibärchen und Hitlerbildchen feilbieten? Fakt ist, daß das „Shoa-Business“, wie sublimiert auch immer, überall floriert.

Deshalb kann diese Ausstellung nur in einer Hinsicht interessant sein: der Rezeption. Wird das Ereignis peinlich verschwiegen oder entwickelt sich eine facettenreiche Diskussion? Wird das Haus in der Kirchenallee mit Farbbeuteln bedacht oder beginnt der Sommerschlußverkauf Riefenstahls? Jede Reaktion wird etwas über unseren Umgang mit der Vergangenheit aussagen. Das könnte spannend werden. Lutz Kinkel