Agierender Thetan und Redenschreiber für Helmut Kohl

Gunther Träger ist ein Mann mit zwei Biographien: einer bürgerlichen und einer scientologischen. Ende der sechziger Jahre wird der damals 18jährige Gymnasiast von der Sekte geködert. Nach einer verlorenen Ruder-Regatta bauen die Anhänger der Lehre des L. Ron Hubbard den ehrgeizigen Jüngling mit „love-bombing“wieder psychisch auf.

Träger läßt sich von der pseudoreligiösen Gruppierung vereinnahmen, steigt zum „frei operierenden Thetan“(unsterbliches Geistwesen) und in das Hamburger Führungsquintett der Sekte, dem „New Civilisation Org Board“, auf. 1991 kehrt er der Organisation den Rücken – als ranghöchstes deutsches Scientology-Mitglied, das jemals ausgestiegen ist.

Die bürgerliche Karriere von Gunther Träger liest sich so: Der in Marktheidenfeld geborene Bayer studiert Germanistik und Geschichte. Nach seinem Berufseinstieg als ZDF-Redakteur arbeitet er als Redenschreiber für den damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl. Heute ist der 46jährige Inhaber einer der größten deutschen PR-Agenturen in der Touristikbranche.

Auf Drängen von Ursula Caberta, die der der Hamburger Innenbehörde angegliederten Arbeitsgruppe Scientology vorsteht, legt Träger jetzt sein Insider-Wissen über den Psycho-Konzernfiliale am Steindamm offen. Der PR-Profi schildert seinen Aufstieg an die Spitze des Hamburger „Org“und prangert die umstrittenen Methoden der machtfixierten Hubbard-Jünger an, in die er Einblick erhalten hat.

Volker Stahl

Ursula Caberta, Gunther Träger: Scientology greift an, ECON Verlag 1997, 39,80 Mark