■ Vorschlag
: Chuck Berry, Little Richard und Jerry Lee Lewis in der Wuhlheide

„Jerry Lee Lewis begann in der Garderobe einen Streit mit Chuck Berry“, so ein Konzertveranstalter. „Als der Vorhang aufging, hielt Chuck ein Messer an Jerrys Kehle und Jerrys Vater ein Gewehr an Chucks Schläfe.“ Irgendwie muß der Streit – wahrscheinlich darum, wer zuletzt auftritt – friedlich ausgegangen sein. „Ich kam mit Little Richard und Chuck Berry prima aus“, behauptete Lewis später, „ich hatte nie ein Problem.“ Chuck Berry erinnerte sich in seiner Autobiographie an einen anderen Zwischenfall: „Obwohl Little Richard nur an zweiter Stelle plaziert war, brüstete er sich andauernd damit, der König des Rock 'n' Roll zu sein. Das bedeutete mir kaum etwas, auch nicht, die Hauptattraktion eines Konzertes zu sein, solange ich nur mit meiner Gage zufrieden bin.“ Little Richard wiederum jammert: „Jerry Lee hat Rock 'n' Roll von mir gelernt, er war nur ein Country-Sänger, bis er meine Songs hörte und nachspielte. Zuletzt standen die drei 1986 bei der Rock 'n' Roll Hall of Fame gemeinsam auf der Bühne.

Sie zählen zu den Pionieren, die den schwarzen Rhythm 'n' Blues unter dem neuen Etikett Rock 'n' Roll in die weißen Pop-Hitparaden katapultierten und allein mit ihrer Musik die Hörgewohnheiten der spießigen Eisenhower-Ära nachhaltig umkrempelten.

Chuck Berry war 1955 mit „Maybellene“ der erste dieses Triumvirats, vier Monate später folgte Little Richard mit „Tutti Frutti“. Erst zwei Jahre später tauchte Jerry Lee Lewis mit „Whole Lot Of Shakin' Going On“ auf. Chuck Berry, der meist nur mit einer vor Ort angeheuerten Band auftrat, komponierte seine Songs selbst und traf den Zeitgeist am besten. Seine Gitarrensoli haben hohen Wiedererkennungswert, niemand wurde so oft kopiert.

Little Richard toupierte sich schon damals die Haare hoch, trug Schminke so dick auf wie seine eitlen Sprüche. Er hatte mit kreischender Stimme und hämmerndem Piano innerhalb von zwei Jahren 13 Hits in den Charts plaziert, als er in Australien über dem Stadion, wo er auftrat, den Sputnik zu sehen glaubte. Er nahm dies als Warnung Gottes, brach seine Tournee ab und wurde Prediger. Inkonsequent wurde er oft, pendelte die letzten drei Jahrzehnte zwischen weltlicher und religöser Musik.

Von den weißen Rockern war Jerry Lee Lewis der wildeste, mehrer Klaviere gingen in Flammen auf. Alkoholprobleme, Rauflust, mindestens sechs Ehen, Schüsse auf das Haus von Elvis: Lewis personifizierte die Parole „Sex, Drugs & Rock 'n' Roll“. Obwohl er Berry angeblich mal als „Nigger“ beschimpft hatte und für den ultrakonservativen George Wallace auf Wahlkampftournee ging: Die Musik der Schwarzen muß ihm gefallen haben. Zu seinem Repertoire gehören eine Menge Songs seiner Rivalen. Norbert Hess

Samstag, 19 Uhr, Freilichtbühne Wuhlheide, Lichtenberg