In Frankfurt an der Oder hat es immer wieder Hochwasser gegeben

Beim schweren Hochwasser von 1785 traf es in Frankfurt (Oder) einen adligen Herren: Herzog Leopold von Braunschweig ertrank in den Fluten – ausgerechnet beim Versuch, Hochwasseropfer zu retten. Weiter zurückliegende Überschwemmungskatastrophen sind im Stadtarchiv der Oderstadt nicht aktenkundig. Das heißt aber nicht, daß es keine vergleichbaren Unglücke gegeben hätte. In den Jahrhunderten seit 1253, als Frankfurt die Stadtrechte erhalten hatte, dürfte die Oder etliche Male über ihre Ufer getreten sein. Mit menschlichen Eingriffen in den Flußlauf haben die Überschwemmungen nichts zu tun. Das, was in diesen Wochen passiert, kann sich zwischen Juni und September jederzeit ereignen: ein klassisches Sommerhochwasser – verursacht in Mitteleuropa durch mediterrane Tiefdruckgebiete. Die Meteorologen sprechen von „5-B-Wetterlagen“.

„Menschen siedeln seit langem bevorzugt dort, wo Wasser leicht zugänglich ist“, erklärt Professor Eckhardt Jungfer, Abteilungsleiter für Gewässerschutz und Wasserwirtschaft im brandenburgischen Landesumweltamt. „Hochwasserkatastrophen wurden und werden dabei hingenommen; schlimmstenfalls sind die Menschen für einige Zeit in flußfernere Gegenden gezogen, aber letztlich immer wieder in ihre Siedlungen zurückgekehrt.“ Wer im Stadt- Land-Fluß-Spiel versiert war, weiß, daß große Städte zumeist an großen Flüssen liegen. Aber auch Kleinstädte und Dörfer entstanden in aller Regel in der Nähe von Wasserläufen. Der nahe Fluß hatte dabei mehrere Funktionen: Trinkwasserreservoir, Kloake, Wasserweg, natürliche Barriere gegen Feinde.

Frankfurt gehörte zudem zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert der Hanse an und nutzte die Oder intensiv als Handelsweg. Mit den regelmäßigen Überschwemmungen arrangierten sich die Einwohner, so gut es ging. Von echten Katastrophen kann die Mitarbeiterin des Stadtarchivs, Karin Jünger, nicht berichten. Größere Unglücke mit Dammbrüchen habe es 1805 und 1903 gegeben. Den bisher höchsten Pegelstand verzeichnete man 1930. Einige Jahre später, 1946, wiederum traf es nicht die Stadt Frankfurt (Oder), aber den weiter flußabwärts liegenden Oderbruch: Dort brachen die Deiche; die Flut konnte ungebremst über Äcker, Wiesen und Dörfer schwappen.

Die Frankfurter haben seit 1930 allenfalls nasse Füsse in den flußnahen Straßen ihrer Stadt bekommen. Diesmal könnte es schlimmer werden: Auch Karin Jünger packt in ihrem Stadtarchiv Dokumente und Bücher zusammen, denn auch das Archivgebäude ist hochwassergefährdet.Gudrun Giese