NS-Gold in Südamerika

■ Argentinien läßt eine staatliche Kommission nach Nazigeldern suchen

Buenos Aires (taz) – Die argentinische Regierung hat beschlossen, eine Untersuchungskommission einzurichten, die ans Licht bringen soll, was an geraubten Nazischätzen in Argentinien angekommen ist. Die „Kommission zur Aufklärung der Aktivitäten des Nazismus in der Republik Argentinien“ soll das Gold der Nationalbank bis hin zu den Investitionen deutscher Unternehmer in Argentinien nach Geldern der Nazis durchsuchen. „Wenn es nötig ist, werden wir ein Gesetz verabschieden, das es uns möglich macht, auch den privaten Sektor zu durchleuchten, wie es die Schweizer mit ihren Banken gemacht haben“, kündigte Außenminister Guido Di Tella an.

In der Kommission werden unter anderem der Ökonom Ralf Dahrendorf und der ehemalige Ankläger von Nürnberg, Benjamin Ferencz, arbeiten. Um auch die deutsche Gemeinde in Argentinien miteinzubeziehen, wurde der Herausgeber der deutschsprachigen Wochenzeitung Argentinisches Tageblatt, Roberto Alemann, in die Kommission berufen. In einer untergeordneten Kommission arbeiten unter anderem die Vertreter der jüdischen Gemeinde Argentiniens und das Simon-Wiesenthal-Zentrum.

Seit 50 Jahren wird in Argentinien darüber gestritten, wie eng die Beziehungen zwischen den Nazis und dem Land am Rio de la Plata waren. Argentinien diente vielen Nazis als Fluchtland, aber offiziell untersucht wurde die Rolle des Landes nicht. Allerdings zweifeln Kritiker, ob die Kommission viel Erhellendes aufdecken kann. Der Kopf der akademischen Kommission, der Soziologe Manuel Mora y Araujo, hat auf dem Gebiet kaum Erfahrung. Und seine beiden Stellvertreter, die Historiker Ronald Newton und Ignacio Klich, verbreiten in ihren Publikationen die Theorie, daß US-amerikanische und britische Geheimdienste eine Kampagne gegen Perón führen wollten, indem sie den Einfluß der Nazis in Argentinien höher bewerteten, als er tatsächlich war. Ingo Malcher