Ende des Rutschens

■ Der Preetzer Schuhmacher Albert Bünn revolutionierte den Fußballsport – er entwickelte 1958 die Schraubstolle

Wie so oft war regelmäßiger Verdruß der Grund, etwas zu ändern. „Mein Sohn ist beim Fußballspielen regelmäßig ausgerutscht, wenn der Boden matschig war. Das hat mich immer wieder geärgert“, erinnert sich der 73jährige Pensionär Albert Bünn.

Und was hat der Schumachermeister aus dem schleswig-holsteinischen Preetz damals, in Jahre 1958, getan, um seinem Filius weitere Landungen auf Bauch und Hosenboden zu erparen? Vater Bünn tüftelte den ersten eindrehbaren Fußballschuh-Stollen aus. Die Idee des heutigen Schraubstollens war geboren.

Die anfängliche Konstruktion vor fast 40 Jahren war vergleichsweise einfach: „Ich habe von innen eine Platte in die Ledersohlen eingearbeitet und dann die Stollen von außen festgeschraubt.“Bei der Herstellung des Gewindes half ihm der befreundete Dreher Werner Roß.

Bünn, der sich bereits 1947 selbständig gemacht hatte, war von seiner Erfindung überzeugt. Dem Hamburger Sport-Verein, seinem Lieblingsklub, bot er die Schraubstollen zum Testen an. Der HSV sagte zu. „Die Spieler bekamen drei Paar selbstgemachte Prototypen. Mehr konnte ich in meinem kleinen Handwerksbetrieb auf die Schnelle nicht produzieren“, erzählt Albert Bünn stolz. „Beim HSV war die Begeisterung groß“, hat er nicht vergessen.

Also ließ er seine Erfindung gleich für 160 Mark patentieren – allerdings nur in Deutschland. Pfiffige Kaufleute hörten von der Idee des Schusters aus dem Schwentine-Ort in der Nähe von Kiel. Sie witterten ein gutes Geschäft und meldeten leicht veränderte „Gebrauchsmuster“des Schraubstollens in der Schweiz an. Die praktischen Kleinteile ließen sie in einer Wattenscheider Schuhfabrik gleich massenweise produzieren.

Tüftler Bünn war ausgebootet worden. Seine bahnbrechende Erfindung aber ist seit Anfang der sechziger Jahre auf allen Fußballfeldern der Welt in Gebrauch. „Jetzt sind über 20 verschiedene Schraubstollen-Modelle auf dem Markt“, weiß Bünn. Es gibt sie inzwischen aus Leder, Gummi, Aluminium oder Plastik. Von der Revolution unter den Sohlen der Fußballstiefel hat Bünn jedoch finanziell nicht profitiert: „Bis heute habe ich keine Mark vom Gewinn gesehen.“

Gelänge dem Preetzer Daniel Düsentrieb nach Schraubstollen und „Steckabsatz“für Damenschuhe (1959) ein erneuter Coup, sähe es mit der Vermarktung der Idee nicht viel besser aus. Glaubt jedenfalls Bünn trotz des prosperierenden Fußballmarktes: Ein deutsches Patent koste heute mindestens 1000 Mark, ein europäisches sogar 150.000. „Da hat der kleine Mann keine Chance.“Volker Stahl