Fristlos zum Bruchpiloten

■ Aus für bundesweit einmaliges Mitbestimmungsmodell bei „Funkpiloten“

Bei den „Funkpiloten“hängt der Haussegen schief, denn das bundesweit bisher einmalige Mitbestimmungsmodell des Kurierdienstes steht vor dem Aus. 60 Fahrer protestierten deshalb gestern vor der Zentrale des Unternehmens an der Eimsbütteler Chaussee gegen die Geschäftspolitik ihrer Chefs. Kurierkollegen und Droschkenkutscher von „das taxi“solidarisierten sich mit den Funkpiloten.

Erst vor einem Jahr hatten sich 150 Fahrer mit rund einer Viertelmillion Mark in die Vermittlungszentrale Funkpiloten GmbH eingekauft. Aus abhängigen Geschäftspartnern wurden so Anteilseigner mit Mitspracherechten bei der Gestaltung der Kundentarife, bei Neueinstellungen und der Besetzung von Funkerplätzen. Jetzt hat die Geschäftsführung den Kooperationsvertrag zwischen GmbH und Fahrern fristlos gekündigt.

„Damit will sie das von uns Fahrern gegründete Kartell nach Gutsherrenart aushebeln“, sagt Detlef B., seit elf Jahren bei den Funkpiloten. Der 40jährige ist ein Freund klarer Worte. Und das kostete ihn seinen Job. „Ich habe auf der letzten Fahrer-Vollversammlung einige kritische Bemerkungen über die Geschäftsführung losgelassen“, gesteht er. Ein Kollege verpetzte ihn. Abmahnung und Kündigung folgten prompt.

Auch die beiden gewählten Biker-Sprecher Marco Böhs (22) und Björn Dörnemann (25) wurden fristlos entlassen. Die Fälle beschäftigen nun die Gerichte. In einer aktuellen Sondernummer wettert Der Aufdecker, das Zentralblatt der Hamburger Kurierfahrer: „Wie weit muß die Geschäftsführung eines Kurierbetriebs gekommen sein, wenn sie sich einiger Denunzianten bedient, um aktive kritische Fahrer fristlos rauszuschmeißen.“

Die dreiköpfige Chefetage der Funkpiloten sieht das anders: „Wir hatten unsere berechtigten Gründe für die Entlassungen“, lautet die knappe Stellungnahme von Geschäftsführer Olaf Schacht. Der Kooperationsvertrag habe gekündigt werden müssen, „weil wir ihn in einigen Punkten modifizieren wollen“.

Modifizieren meint das Ende der Mitspracherechte. Enno Kingma, Vorsitzender des Dachverbandes Hamburger Kurierfahrer, findet dafür nur harsche Worte. Seiner Meinung nach wurde das Mitbestimmungsmodell der Funkpiloten „von oben aus Mangel an Übersicht totgetreten“. Volker Stahl